Zwischen Wohlfühlen und Ästhetik – das männliche Bild von weiblicher Unterwäsche 

Die weibliche Unterwäsche ist ein facettenreiches Kleidungsstück, welches uns in einem vielfältigen Warenangebot in eigens dafür vorgesehenen Geschäften, in Wäscheabteilungen verschiedener Kaufhäuser oder in Katalogen zum Kauf angeboten wird. Aufwendig präsentiert und gut sortiert finden wir neben schlicht gehaltenen funktionalen BHs, Höschen und Strings auch solche mit verspielten floralen Stoffmustern oder aufreizendere Unterwäsche mit Spitze, Rüschen und Schleifen. Die Vielfalt ist groß, so viel steht fest und dessen ist sich jeder bewusst. Doch wenn wir von weiblicher Unterwäsche sprechen, stellt sich die Frage, welches Bild sich in unseren Köpfen festgesetzt hat. Uns interessierte im Besonderen die Sichtweise der Männer, da sie nicht diesen unmittelbaren Bezug zu diesem Kleidungsstück haben wie Frauen, die diese selbst tragen. Dennoch stehen sie in einer gewissen Beziehung zur weiblichen Unterwäsche, da Frauen diese mitunter nicht nur für sich, sondern auch für ihren männlichen Partner tragen, was sich in ihrem Kaufverhalten widerspiegelt.

Unterwäsche in verschiedenen Farben und Formen

Unterwäsche in verschiedenen Farben und Formen

verschiedene Unterwäsche im Wäschegeschaft

– verschieden präsentiert im Wäschegeschäft

Wir befragten sieben Männer im Alter von 20 bis 25 Jahren zu ihren spontanen Assoziationen zur weiblichen Unterwäsche und erhielten von allen ähnliche Antworten. Denken unsere befragten Personen an weibliche Unterwäsche, so haben sie aufreizende Unterwäsche vor Augen und nannten die Spitze als klares Charakteristikum. In diesem Zusammenhang meinten alle unsere Gesprächspartner, dass sie an Frauenunterwäsche denken, die von Models in Katalogen und der Werbung allgemein präsentiert wird. Zudem werden mit der weiblichen Unterwäsche schnell die Aspekte der Erotik und Verführung in Verbindung gebracht – als „Waffen der Frau“ (I. 4). Hier wird deutlich, dass weibliche Unterwäsche als ausdrucksstärker und vielseitiger als die männliche empfunden wird. Unsere Interviewpartner sprachen fast ausschließlich die ästhetischen Eigenschaften der Frauenunterwäsche an. In ihren Antworten unterschieden sie nicht eindeutig zwischen Reizwäsche und Alltagswäsche, vielmehr wurde im weiteren Verlauf des Gesprächs deutlich, dass für sie die Ästhetik auch im Alltag eine wichtige Rolle spielt. Diese wird hauptsächlich durch die Form und Farbe der Unterwäsche bestimmt. Damit eine solche ästhetisch ist, soll ihr Stil zum jeweiligen Typ der Frau passen, denn, wie einer der Befragten feststellte, spiegele sich der äußere Kleidungsstil in der Unterwäsche wieder. Auffallend war an diesem Punkt, dass allen der Befragten ein positives Körperempfinden, also Wohlfühlen und Bequemlichkeit, für die Frau beim Tragen ihrer Unterwäsche wichtig sei – denn fühlt sich eine Frau in ihrer Wäsche wohl, so wirke das auch positiv auf ihr Erscheinungsbild. Allen Befragten ist bewusst, dass ihre Vorstellungen von Frauenunterwäsche von den Medien beeinflusst werden. Ihre Antworten sollen jedoch ihre Offenheit gegenüber diesem Thema zeigen, da das Wohlfühlen und die Bequemlichkeit für die Trägerinnen ausdrücklich betont wurden. Trotz dieser Offenheit steht im Vordergrund immer noch die Ästhetik der Unterwäsche, und zwar, dass die Frau schöne Unterwäsche tragen soll. Dies verdeutlicht auch das Beispiel eines Gesprächspartners, der anmerkte, dass er Bio-Unterwäsche grundsätzlich unterstützenswert finde. Jedoch unterscheide sich diese in ihrem Design teilsweise noch stark von Unterwäsche ohne Bio-Zertifikat, weswegen er letztere, ästhetisch ansprechendere, bei seiner Freundin bevorzuge.

"Hello sugar" - Ansehnlich präsentiert soll diese Unterwäsche zum Kauf anregen

„Hello sugar“ – Ansehnlich präsentiert soll diese Unterwäsche zum Kauf anregen

Wie gut die Aspekte des Wohlfühlens und der Bequemlichkeit beim Tragen mit dem ästhetischen Erscheinungsbild der Frauen in Unterwäsche zusammen passen, bleibt an dieser Stelle ungeklärt. Deutlich wurde in unseren Gesprächen jedoch, dass das in den Medien und in zahlreichen Wäscheläden präsentierte Bild von weiblicher Unterwäsche die Wahrnehmung der Männer,  aber auch gleichermaßen die der Frauen, prägt. Sie beeinflussen unsere ästhetischen Ansprüche an weibliche Unterwäsche, prägen unser Bild von weiblicher Unterwäsche und kreieren dadurch einen indirekten gesellschaftlichen „Zwang“, welche Unterwäsche man tragen sollte. Diesem Zwang sollte jede Frau jedoch nach ihren persönlichen Vorstellungen folgen, denn nur so kann Unterwäsche auch tatsächlich das Wohlfühlen und das Selbstbewusstsein ihrer Trägerinnen steigern. (Fotografien: privat)