Guess Who

Frauen ziehen sich vor ihm aus und Männer schmieren sich knallroten Lippenstift ins Gesicht, wenn er es so wünscht. Ob Topmodels, Hollywood-Stars, Popsternchen oder Angehörige des Adels – er kriegt sie alle. Sogar Anna Wintour zieht mit.

Er ist Fotograf und seine Werke sind aus der Modebranche nicht mehr wegzudenken. Seine Arbeiten sind Kunstwerke. Sie erscheinen in allen wichtigen Modezeitschriften wie zum Beispiel Vogue und Vanity Fair, für deren Coverstory über Prinzessin Diana 1997 er verantwortlich war. Alle großen Modelabels: Gucci, Burberry Michael Kors, Chanel, Estée Lauder reißen sich um den Fotografen. So inszenierte er 1994 beispielsweise Popsängerin Madonna in der Kampagne für Versace. Doch auch weit über die Modebranche hinaus wird er gebucht. 2009 engagierte Campari den Fotografen bereits zum zweiten Mal für die künstlerische Umsetzung des Firmenkalenders. Er zeigte 12 stilvolle Fotografien von Hollywood-Star Jessica Alba.

Doch bis zu seinem heutigen Erfolg war es ein langer Weg. Er wurde 1954 in Lima, Peru geboren, wo er eine katholische Schule besuchte und zunächst Priester werden wollte. Stattdessen entschied er sich für ein Wirtschaftsstudium, was er (wir können es ihm danken) nach seinem Abschluss nicht weiterverfolgte. Bereits 1976 zog er nach London, um Fotografie zu studieren. Dort schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch bis ihm 1983 der Durchbruch gelang, als die Vogue erstmalig seine Bilder veröffentlichte. Es folgten unzählige Aufträge bis hin zu den europäischen Königshäusern. Nach den Bildern von Lady Diana hielt er ebenfalls die Verlobung von William und Kate 2010, sowie die Taufe ihrer Tochter Prinzessin Charlotte in Bildern fest. Die britische Königsfamilie verlieh ihm zum Dank sogar einen Orden für seine außergewöhnliche Karriere und seinen großen Einsatz im wohltätigen Bereich. So gründete er unter anderem bereits eine Plattform für Künstler in Peru und sammelte Spenden für ein Kinderkrankenhaus in seinem Heimatland.

Noch heute lebt der Fotograf in London, arbeitet aber weltweit.

Zum ersten Mal waren seine Werke Januar bis Juli 2015 in Deutschland zu bewundern. Eine halbnackte Claudia Schiffer mit Katzenmaske und in großen roten Lettern der Titel „IN YOUR FACE“ zierten das Plakat am Kulturforum in Berlin. Die Experimentierfreude und Vielfalt seiner Werke, die Respektlosigkeit, Eleganz und Widersprüchlichkeit seiner Bilder standen im Mittelpunkt der Ausstellung. Man betrat die düster gehaltenen Ausstellungshallen und zu Gesicht bekam man 125 übergroße in Szene gesetzte Fotografien in bunten Rahmen, von kontrastreichen ausdrucksstarken Farb- bis hin zu Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Eine ausgewählte Sammlung seiner offiziellen Porträts, privaten Schnappschüssen, Akt- und Modefotografien der letzten 20 Jahre.

Seine Bilder strahlen, sie ziehen dich in ihren Bann, wegsehen geht nicht. Mich persönlich hat es vier Mal in die Ausstellung gezogen.

Ich spreche von MARIO TESTINO, dem laut der ZEIT „wohl bekanntesten Modefotografen der Welt“. Seine Fotografien füllen ganze Bücher wie „SIR“ oder „Kate Moss by Mario Testino“ und wir können gespannt sein, auf die vielen Kunstwerke, die in Zukunft seiner Linse entspringen. Denn bei seinen Arbeiten handelt es sich schon lange nicht mehr nur um Fotografien. Mario Testino hat die Modefotografie zur Kunstform gemacht.