Der weltbekannte Fotograf Peter Lindbergh gewährte dem Kurator Thierry- Maxime Loriot Zutritt zu seinen Archiven, um exklusives „behind the scenes“ – Material zu bekommen. Somit konnte eine wundervolle Ausstellung seiner Werke in der Hypo-Kunsthalle München zusammengestellt werden, die einen Einblick in seine Arbeitsweise erlaubt.
Zunächst etwas zu seiner Person:
Geboren in Lissa (heutiges Polen) am 23. November 1944, ist er mit Abstand einer der bedeutensten deutschen Modefotografen sowie Filmmacher der letzen drei Jahrzehnte. Sein Vater war ein einfacher Handelsvertreter für Süßigkeiten und seine Mutter war Hausfrau. Aufgewachsen in Duisburg mit zwei Geschwistern, arbeitete er nach seinem Schulabschluss als Schaufensterdekorateur bei den Kaufhausketten Karstadt und Horten. Mit 18 Jahren zog er nach Luzern und darauf nach Berlin. Er begab sich auf verschiedene Reisen, zum Beispiel nach Arles um sich von seinem großen Vorbild Vincent van Gogh inspirieren zu lassen. Außerdem reiste er zwei Jahre lang durch Spanien und Marokko. Nach Abschluss seines Studiums der freien Malerei an der Kunsthochschule in Krefeld, wandte er sich 1971 schließlich der Fotografie zu und begann für den bekannten Fotografen Hans Lux zu arbeiten.
Lindbergh ist sozusagen der Begründer des „Supermodel- Phaenomens“ der 1990er- Jahre. In der Ausstellung ist nicht nur das zu sehen, sondern auch etliche, nie veröffentlichte Requisiten, Polaroids, Kontakt- Abzüge, sowie private Briefe der Models, die er ablichtete.
Er war der erste Modefotograf, der seine Aufnahmen nutzte, um Geschichten zu erzählen. Inspiration fand und findet er in den unterschiedlichsten Bereichen. Zum Beispiel Sience- Fiction- Filmen, dem Filmset von Alfred Hitchcocks Klassiker „Die Vögel“ oder groben industriellen Gebäuden.
Er fotografiert fast immer in Schwarz-Weiß und er blickt seinen Models mit der Kamera in die Seele. Peter Lindbergh revolutionierte in den 80er-Jahren die Modefotografie. Er versuchte oft einfach nur einen flüchtigen Moment aufzunehmen und erschuf somit einen neuen Realismus in der Modefotografie. Er war der Erste, der die aussergewöhnlichen Charaktere der Supermodels Naomi, Kate, Linda, Cindy und Claudia in den Fokus setzte und nicht nur auf die Kleider fokussiert war.
-Charakter statt oberflächlicher Schönheit-
„Wie verrückt und unwirklich ist doch die Idee, alle Erfahrungen aus einem Gesicht zu eliminieren?!“
Peter Lindbergh versucht nicht irgendeinem modischen Lifestyle zu folgen und die Bilder mit Hilfe digitaler Programme zu verändern, sondern er möchte die Natürlichkeit der Schönheit erfassen und damit eine gewisse Individualität erschaffen.
Die ausdrucksstarken Porträts der letzten Jahrzehnte zeigen seine fantastische und einzigartige Arbeit.
Persönlich gefiel mir am Besten die Darstellung diverser Coverfotos in der Vogue, da er Abstand von den bislang üblichen, digital retouchierten, perfekt inszenierten face-shots nahm und stattdessen Charisma und Charakter der Models in den Vordergrund stellte.
Insgesamt war es eine wundervolle Erfahrung, diese Ausstellung zu besuchen und einen Einblick hinter die Kulissen von Lindberghs Arbeit zu erhalten. Mit nur sechs bis acht Räumen und einem relativ schlichten Design, kann man sich gut auf seine Werke konzentrieren und sich direkt in seine Welt fallen lassen.
Ein „must-see“ fuer alle Mode-, Fotografie- und Filmbegeisterten, oder generell jeden Menschen mit einem Sinn fuer Aesthetik.