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Femmephones – gibt es zwischen den Geschlechtern Unterschiede in der Nutzung von Smartphones?

 

Waren dereinst der Computer und die ersten Mobiltelefone eine äußerst anspruchsvolle technische Angelegenheit, und gaben ihre Möglichkeiten damit erst jemandem preis, der viel Zeit und Energie in die Erforschung ihrer Funktionsweise investierte, zeichnen sich die neueren Geräte seit der Post-PC-Welle durch eine eingängige und logische Bedienweise aus, die weniger Interesse an der Technik erfordert, sondern die die Nutzung in den Mittelpunkt stellt. Da sich Frauen traditionellerweise leider weniger mit Technik beschäftigen oder sich zutrauen, mit Technik umzugehen, sah ich im Themenfeld der Smartphones ein interessantes Forschungsfeld, um Nutzungsweisen von hochtechnischen, aber heute simpel zu bedienenden Geräten unter den Geschlechtern zu untersuchen. Wenn Technik so einfach ist, dass sie nicht mehr wie Technik aussieht, trauen sich die Frauen dann in die ‚Männerdomäne‘ vor? Und was gibt es für Unterschiede in der Nutzungsweise?
Zu diesem Zweck habe ich eine Onlineumfrage erstellt und meinen Freundeskreis gebeten, sie weiterzugeben. Nachdem im ersten Durchlauf die Frauenquote extrem niedrig war, gab ich eine zweite Bitte um Teilnahme heraus, speziell mit dem Gesuch auch nach weiblichen Teilnehmern. Im Ergebnis konnte ich dann dann ca. 30 Teilnehmer je beider Geschlechter zur Teilnahme gewinnen. Mein Sample bestand aus vornehmlich jungen Studierenden und Schüler/-innen der Oberstufe. Alle Fragen hier zu wiederholen halte ich für wenig sinnvoll, ich will mich lieber direkt auf die Auffälligkeiten konzentrieren.

Danach gefragt, ob ob ihnen ein Feature-Set von Standard-Möglichkeiten wie Surfen, Musikhören, Chatten, Fotografieren und Apps von sozialen Netzwerk ausreiche, oder ob ihnen Flexibilität und das Ausprobieren von neuen Programmen wichtiger ist, gab es bei Frauen einen Ausschlag in die Richtung, dass ihnen ein guter Basisumfang eigentlich gut reicht, während Männern daran gelegen war, so flexibel wie möglich mit ihrem Taschencomputer zu sein und gern und häufig neue Apps zu testen. Im Detail danach gefragt, wie viel sie auf ihren Smartphones spielen, antworteten 7/10 der jungen Frauen, dass sie es sehr regelmäßig als Spielkonsole gebrauchen, während bei dieser Frage der Anteil bei Männern gegen 4/10 ging. Auf die Frage, ob das Smartphone für sie in großen Teilen den Internet-PC für Kommunikation ersetzen konnte, ging die Tendenz bei den Frauen mit 7/10 auch deutlich Richtung „ja“, während Männer hier eher skeptisch mit 4/10 antworteten.
Nach dem Fotografieverhalten befragt, gaben 8/10 der Frauen zu, sich ganz gern selbst zu fotografieren, um die Bilder Freunden zu schicken oder in soziale Netzwerke zu stellen, während Männer das nur mit 1/10 von sich angaben. Ob sie mobil ihre Mails checken und beantworten, bestätigten 9/10 der Männer, während es nur 3/10 der Frauen waren.

Ich hätte noch weitere Fragen zum Thema Podcast, Microblogging (Twitter) und Systemeinstellungen stellen können, da die männlichen Teilnehmer aber sowieso schon einer recht technisch interessierten Gruppe angehörten und die meisten Teilnehmerinnen durch Freunde zu der Umfrage gebracht wurden, wäre das nicht repräsentativ gewesen.

Mit ein paar Bekannten und Freunden führte ich dann auch noch kurze Gespräche. Bei Frauen scheint der Kommunikationsaspekt des Smartphones ganz zentral zu sein: SMS und Mitteilungsdienste über das Datennetz wurden immer als erstes genannt, danach kamen Facebook und die Telefoniefunktion über das GSM-Netz. Fotografie und Spiele waren die nächstwichtigsten Anwendungsbereiche.
Von den männlichen Befragten wird ihr Smartphone scheinbar mehr als Werkzeug verstanden. Handytelefonie, ja, auch, aber das sei da halt so dabei. Textmittelungen auch, aber weniger, und eher pragmatisch: Wenn man sich kurzfristig verabreden will, oder wenn es eine Nachfrage zu etwas gibt: „Wir wollen darüber viel weniger als die Mädchen plaudern.“ Bei ihnen wurde der Webbrowser häufiger gegannt, einige gaben an, regelmäßig damit auf Nachrichtenseiten zu schauen und auch mal einige Zeit Artikel zu lesen. Sie verbreiten interessante Beiträge dann auch gern über Microblogging-Dienste. Auf den Webbrowser angesprochen, antworteten die Frauen oft: „Ach ja, stimmt, damit schau ich ab und zu was nach.“ Sie nutzen ihn demnach häufiger, um schnell nach Informationen zu suchen, in der Wikipedia und im Web.
Wie sehr sie ihr Smartphone als Konsumgerät betrachten, das beantworteten deutlich mehr Frauen als Männer mit „sehr“. Sie nutzen häufig Video-Portale und stöbern mit dem Gerät im Netz und den Apps nach interessanten Clips. Männer scheinen eher gezielter zu wissen, was sie anschauen möchten, neigen zudem dazu, es lieber an einem größeren Monitor zu sehen. Unterwegs Musik hören scheint bei beiden gleich populär zu sein.

Bei den Gesprächen mit Männern fiel mir auf, dass sie generell mehr Apps, kleine Werkzeuge und ’sinnlose‘ Spaßprogramme auf ihren Geräten installiert haben. „Das ist ganz praktisch.“, „Das könnt ich mal brauchen!“, „Hab ich mir mal runtergeladen, hörte sich lustig an. Hatte dann aber noch nie Zeit dafür.“.
Ich war interessiert daran, ob sich auch in der Ordnung der Symbole Unterschiede zeigen. Eine Tendenz ist erkennbar, ob sie repräsentativ ist, davon bin ich aber nicht wirklich überzeugt: Die Frauen hatten die ästhetischeren Startbildschirme mit wenigen, relevantesten Apps. Männer hatten ihren Startbildschirm oft zugekleistert mit einer Fülle Apps, oft noch weitere in Ordnern verstaut. Teilweise hatten sie sich noch selbst Widgets von Wetterdiensten oder ihren neuesten Mails auf die Startseite gelegt. Kurz gesagt waren die Männer-Smartphones häufiger ‚pragmatisch‘ eingerichtet, während die Frauen-Smartphones die relevantesten Starter in bemüht ästhetischer Ordnung auf dem Startschirm hatten.


Doch waren die Smartphones der Frauen viel öfter auch offensichtlich gar nicht geordnet, bzw. auf den Herstellervorgaben belassen, was den Aussagewert des Vergleichs stark in Frage stellt.

Meine anfängliche Vermutung, dass sich zwischen den Geschlechtern, bzw. Gendern, ein Unterschied in der Nutzung des Smartphones zeigt, hat sich tatsächlich bestätigt. Frauen scheinen es in erster Linie als Kommunikator zu nutzen, der Rest sind Extras. Diese ‚Extras‘ machen dem Anschein nach dagegen bei Männern die Smartphone-Definition schlechthin aus. Dass mehr Frauen als Männer häufiger kleine Geschicklichkeits- und Knobelspiele spielen, hat mich überrascht. Interessant war die häufigere Bestätigung der Männer, dass sie in ihren Smartphones und den verknüpften Netzdiensten ‚leben‘, während mich die Frauen bei der Frage allesamt nur verdutzt anschauten.

Artikelbild: CC BY-ND 2.0 Matthew Wilkinson