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Prêt-à-porter is Ready to wear!

 

Der Begriff „Prêt-à-porter“ stammt aus dem Französischen und bedeutet soviel wie „bereit zum Tragen“. Man versteht darunter Kleidermode von der Stange. Prêt-à-porter ist modische Kleidung, die zwar von Modeschöpfern entworfen, aber industriell und in großen Mengen hergestellt und vertrieben werden. Viele Modeschöpfer arbeiten heute von vornherein nur auf dem Gebiet des Prêt-à-porter, so etwa die Amerikaner Calvin Klein und Donna Karan oder die Engländerin Vivienne Westwood. Prêt-à-porter ist deswegen der gehobene Luxus-Bereich der Konfektion. Diese wiederum umfasst ein breites qualitatives und preisliches Spektrum, zu dem auch die Kaufhausmode von der Stange gehört. Die Kunst des Entwurfs spielt hier kaum mehr eine Rolle; dieser muss vielmehr tragbar, in jedem Falle an modischen Linien orientiert und sehr gut verkäuflich sein. Weiterlesen

Fasching als ‚doing gender‘? – Die Hexe in der Fastnacht

Als kleines Mädchen drückte ich mich vor den Faschingsumzügen im südwestdeutschen Raum – aus Angst vor den bösen Hexen. Sie sind immer wild, raufen, wälzen sich auf dem Boden und treiben Schabernack, vor allem mit dem weiblichen Publikum.

Abb. 2 Hexenpyramide©Anne-J. Schneider

Abb. 1 Hexenpyramide©Anne-J. Schneider

Und überhaupt sehen sie einfach furchteinflößend aus: gebückter Gang, Zottelmähne, Runzeln und nicht zu vergessen die riesige, mit Warzen besetzte krumme Hexennase. Genau wie bei Hänsel und Gretel. Anders als im Märchen wollen diese Hexen ihre ‚Opfer‘ zum Glück nicht verspeisen und lassen sie nach kurzer Zeit wieder frei.

Die Hexe ist aber weitaus mehr als eine im kulturellen Gedächtnis verwurzelte und durch die Fasnacht ‚real‘ gewordene Märchenfigur: Sie ist komplexer Träger diverser Motive, Zeichen und Symbole. Die (Häs-)TrägerInnen ver-körpern wiederum dieses Bedeutungsgewebe, werden zu einem Hybrid in einer Art Drittem Raum.

 

Die Hexe – eine „Synthese vieler Motive“ 
Die Hexe in der Fasnacht, eine traditionsreiche Figur? Nicht wirklich. Die Vorstellung der Hexe per se gibt es schon sehr lange; ihre Gestalt und ihr Gemüt waren dabei stets im Wandel.[1]

Abb. 5 Märchenhexe aus Hänsel und Gretel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1989

Abb. 2 Märchenhexe aus Hänsel und Gretel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1989

In der Fastnacht tauchte die Hexe erst 1933 auf – nach dem Vorbild der Märchenhexe der Romantik, die Personifikation des Dämonisch-Bösen und Numinosen ist. Man verwandelte das Häs der „Alten Weiber“ (Vorgängerin der Hexe und lange feststehende Figur in der Fastnacht) in das einer wilden Hexe.[2] So wurde sie als feste Figur in der Narrenwelt etabliert, unter anderem um die Sehnsucht nach mehr „Tradition“ zu befriedigen.

Die Hexe und der Elektrakomplex?
Interessanterweise darf die Hexe ‚traditionell‘ nur von Männern verkörpert werden, obschon es heute durchaus auch gemischte Zünfte gibt. Das heißt aber, dass sich unter den Kostümen meist Männer verbergen. Nicht schlimm, denn für HästrägerInnen ist die Hexe indes ein „geschlechtsloses Wesen“. Dabei basiert die Hexe – allein der Artikel weist auf eine weibliche Figur hin – durchaus auf einer weiblichen Gestalt, ist aber mit phallischen Attributen und Symbolen bestückt: groteske, große Nase und Hexenbesen. Die Hexe mutiert also eher zu einer ‚Zwittergestalt‘. Das vorwiegend weibliche Äußere und ihr weiblicher Ursprung lassen in Verbindung mit männlichen Hästrägern eine gewisse Uneindeutigkeit entstehen, was das Unheimliche, das die Hexe umgibt, intensiviert.

Abb. 1 Hexen©Anne-J. Schneider

Abb. 3 Hexen©Anne-J. Schneider

Das Häs – Körperpraxis und Performanz
Das Besondere an der Fastnacht ist ja, dass man – mit Hilfe von (Ver-)Kleidung – in verschiedene Rollen und Identitäten schlüpft.[3] Das Hexenhäs (nach strengen Regeln von jeder Zunft eigens entworfen) ist nicht nur bloße Verkleidung, sondern auch Uniform, die die Rolle und (Geschlechts-)Identität der TrägerInnen camoufliert und verschleiert. Die Maske ist der wertvollste und auch wichtigste Teil der Kostümierung: Sie lässt die TrägerInnen vollständig hinter der Hexe verschwinden, ihre Körper werden zum Hexenkörper. Die Närrinnen und Narren erwecken die Hexe zum Leben, bewegen sich dementsprechend und werden gänzlich von ihrer Rolle absorbiert. Wenn die HästrägerInnen also ihr Häs überziehen, findet gleichzeitig eine Ent-Sexualisierung statt. Sie begeben sich im doppelten Sinne in ein Momentum der Liminalität: Sie schweben einerseits zwischen ihrem Selbst und der Hexe, andererseits zwischen dem eigenen – männlichen oder weiblichen? – Körper und dem zwitterhaften, übernatürlichen Körper der Hexe. Die Maske fungiert dabei als Umkehrung von Innen und Außen: Manche TrägerInnen fühlen sich mit ihrer Hexenrolle in der Tat eng verbunden: „Eigentlich, im ersten Leben, bin ich eine Hexe.“ Eine Zunft bietet eine enge Gemeinschaft, in der alle „Hexe“ und damit „alle gleich“ sind. Soziale Herkunft, Beruf oder Geschlechtsidentität sind aufgehoben. „Hexe“ ist eine Art neue ‚gesellschaftliche‘ Kategorie in einer wahren Parallelwelt mit ihren eigenen Regeln, Traditionen und Bräuchen.

Die Hexe ist aus der Fastnacht nicht mehr wegzudenken und dabei Schreckensfigur und pure Leidenschaft: Hexenmotiv (als Synthese vieler Motive und Diskurse), Häs (in der Kleidung materialisiertes Hexenbild) und HästrägerInnen (Körper als Hybride) fügen sich zu dem komplexen Bedeutungsgewebe „Hexe“ zusammen und lassen einen neuen, Dritten Raum entstehen.

 

[1] Zitat: Kraus 1989, S. 62. Diese Figuren sind in vielen Kulturen Gegenstand von sich wandelnden Erzählungen und haben einen Stellenwert im kollektiven Gedächtnis. Davon zeugt auch ihre hohe Präsenz in vielen Märchen und Legenden.

[2] Dieses Hexenbild, das wir heute kennen, entwickelte sich erst im Laufe der Zeit: Zum Beispiel ist in der handschriftlichen Fassung von Hänsel und Gretel nur von einer „alten Frau“ die Rede; einige Jahre später wurde daraus „eine böse Hexe“. (Kraus, S. 62f.)
[3] S. hierzu auch Blogeintrag „Fasching als ‚doing gender‘? – Kinderfasching“

Literatur:
Bronner, Kerstin: Grenzenlos normal? Aushandlungen von Gender aus handlungspraktischer und biografischer Perspektive. Bielefeld 2011.
Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/Main 1991, S. 190-218.
Korff, Gottfried: Wilde Masken. In: Ders. (Hg.): Wilde Masken. Ein anderer Blick auf die Fasnacht. Begleitband zu einer Ausstellung im Haspelturm des Tübingen Schlosses 26. Januar bis 5. März 1989. Tübingen 1989, S. 11-25.
Kraus, Jörg: Der Weg der Hexe in die Fasnacht. In: Gottfried Korff (Hg.): Wilde Masken. Ein anderer Blick auf die Fasnacht. Begleitband zu einer Ausstellung im Haspelturm des Tübingen Schlosses 26. Januar bis 5. März 1989. Tübingen 1989, S. 57-76.
Lehnert, Getrud: Wenn Frauen Männerkleider tragen. Geschlecht und Maskerade in Literatur und Geschichte. München 1997.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt (Hg.): Brüder Grimm. Kinder- und Hausmärchen. 12. Auflage, Darmstadt 1989.

„Wear the black!“

Farbe als Kommunikationsmittel in der Mode anhand des Schwarz-Weiß-Dualismus in einer Szene aus der Serie „House of Cards“.

Die Szene dauert nur ein-zwei Minuten, das Telefonat wohl noch weniger: „Wear the black!“, sagt ihre Mutter zum Abschied zu ihr. Claire, die gerade auflegt, wird sich für das elfenbein-farbene Kleid entscheiden. Es ist eine Entscheidung mit Symbolkraft, aber machen wir erst einmal einen Schritt zurück.

Selten war das internationale Serienpublikum in den letzten Jahren so angezogen von einem Schauspielpaar wie von den Figuren Frank und Claire Underwood aus der amerikanischen Serie „House of Cards“. Gespielt von Kevin Spacey und Robin Wright, die für ihre Leistungen unter anderem den Golden Globe für die besten Serienschauspieler bekamen, sind die Underwoods ein Duo mit Sprengkraft. Sie haben sich gemeinsam von „unten“ bis an die Spitze des amerikanischen Politikestablishments gekämpft. Sie ehemalige Chefin einer wohltätigen Stiftung, UN Botschafterin und nun First Lady, er ehemaliger Kongressman und nun Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nach drei Staffeln gemeinsamen Kampfes bekommt die Geschichte einen entscheidenden Wendepunkt. Es kriselt in der Ehe der Underwoods. Längst sind sie nicht mehr eine Einheit oder Verbündete, sie sind Einzelkämpfer. Claire wirft ihrem Mann vor, in letzter Zeit nur noch sich selbst stärker gemacht und nicht mehr für ein gemeinsames Ziel gekämpft zu haben: Claire will ihn verlassen. Sie begibt sich nur noch für Gegenleistungen in die Nähe ihres Mannes Frank. In der weiteren Folge der Serie steht die jährliche Ansprache des Präsidenten an, und Frank braucht die Unterstützung seiner Frau. Längst steckt er in einem knappen Wahlkampf um eine zweite Amtsperiode. Im Gegenzug verspricht Frank, die Bestrebungen Claires um einen Sitz im Kongress zu unterstützen. So kommt Claire Underwood (wieder) in die Situation, ein Kleid für einen besonderen Anlass auswählen zu müssen.

Die Figur Claire Underwood ist stets klassisch, elegant und nicht zu auffällig gekleidet, wie es der Kurier beschreibt.[1] Das hat einerseits mit ihrer offiziellen Position als First Lady und ihrem sozialen Hintergrund (wohlhabende texanische Familie) zu tun, als auch ihrer Stellung innerhalb ihrer Ehe. Claire trägt nie ein zu grelles, gar zu farbiges, noch zu aufreizendes Kleid. Doch heute wird sie aus dem Schatten ihres Ehemannes heraustreten und ihr Kleid wird eine Botschaft senden.

Das Gespräch mit ihrer Mutter ist kurz. Claires Mutter konnte ihren Schwiegersohn noch nie leiden und macht daraus keinen Hehl. Sie unterstützt Claire in ihren Bemühungen für eine Kandidatur um einen Kongresssitz und nutzt dabei jede Möglichkeit, ihre Tochter von ihrem Ehemann zu entfernen.

Bildausschnitt aus House of Cards Staffel 4 Episode 2. © Netflix Inc.

Bildausschnitt aus House of Cards Staffel 4 Episode 2. © Netflix Inc.

Claire hat nun die Wahl zwischen einem weißen oder einem schwarzen Kleid. „Wähle das schwarze Kleid.“ Doch was Claires Mutter wirklich sagt ist: Mach dich stark, Claire. Hier geht es um Farbpsychologie. Wir verbinden Farben stets auch mit Emotionen und Erinnerungen. Farben können uns unterbewusst stark beeinflussen. Sie sind ein subtiles Kommunikationsmittel. So ist es nicht überraschend, dass für Die Presse unter anderem die „kühlen Farben von In- und Exterieur“ auffällig sind, die zu dem „ständig unter Hochdruck“ befindlichen Frank Underwood im schönen Kontrast stehen.[2] Und auch im wahren Politikleben zeigt sich anhand der Kleiderwahl oft so manches Signal. Beliebtes Kleidungsmittel zur Überbringung der Signale bei den überwiegend männlichen Protagonisten der deutschen Politik: die Krawatte. So titelt nach den Landtagswahlen 2016 die Süddeutsche Zeitung zu den aktuellen Koalitionssondierungen im Land Baden-Württemberg: „Baden-Württemberg – Die Sprache der Krawatten“[3] und analysiert dabei die Farbmuster der Binder. Dass es sich bei diesen Bindern um ein mächtiges Instrument handelt, zeigte sich unter anderem 2011, als eine Diskussion um eine Krawattenpflicht bei den Schriftführern im Bundestag entbrannte[4], aber auch als der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras während der griechischen Finanzkrise ankündigte, erst wieder eine Krawatte zu tragen, wenn die Krise vorbei sei. Dass ihm Anfang 2015 vom italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi eine italienische Krawatte in neutralem Grau geschenkt wurde, kann getrost als Signal gewertet werden.[5] „Eine Krawatte ist also nicht nur eine Krawatte, sie steht für etwas.“[6]

Die Natur nutzt ebenfalls Farben zur Signalüberbringung. So ist der Fliegenpilz nicht umsonst im Kontrast zum Grün des Waldes rot gekleidet. Im Tierreich gibt es einige Arten wie den Erdbeerfrosch, die durch ihre für ihre Umgebung untypische Farbe Gefahr beziehungsweise Giftigkeit signalisieren. Auch wir Menschen nutzen dies unter anderem für unser Verkehrssystem, Kennzeichnung von Chemikalien beziehungsweise Kenntlichmachung von Aufgaben und Rechten. Der Designer Otl Aicher hat zum Beispiel mit verschiedenen Farben von Anzügen verschiedene Aufgabenbereiche des Personals[7] während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München kenntlich zu machen versucht. So war das Servicepersonal gelb, die Ordner in blau gekleidet.[8] Durch den „Verzicht auf Gold und das Spektrum zwischen Rot, Purpur und Violett, die für ihn als Farben weltlicher oder kirchlicher Macht kontaminiert waren (Aicher sprach von den „Farben der Diktatoren“)“, wollte er ein farbpsychologisch möglichst neutrales System schaffen. Positiv konnotierte Farben (Hellblau, Hellgrün, Gelb, Dunkelblau, Dunkelgrün und Orange), sollten im Kontrast zu den letzten Olympischen Spielen in Deutschland (1936) stehen und ein weltoffenes und demokratisches Bild Deutschlands zeichnen. [9][10]

Für Claires Kleiderwahl haben sich die Drehbuchschreiber den ultimativen Dualismus von schwarz und weiß ausgesucht. Weiß als Zeichen des Lichts, des Friedens (vgl. weiße Flagge), der Unschuld und Reinheit (vgl. weißes Hochzeitskleid) und des Neubeginns (vgl. weißes, unbeschriebenes Blatt). Schwarz als Zeichen der Nacht, der Macht und Stärke (vgl. schwarze Anzüge in einer heteronormativen Gesellschaft), aber auch des Endes, gar Todes. Dass es bei House of Cards vor allem um Macht und Stärke, Intrigen geht, wird ebenfalls sofort klar, wenn zum Beispiel der Spiegel die Serie als einen „düsteren Politkrimi“[11] bezeichnet oder der Focus von den „dunklen Machenschaften“[12] der Underwoods spricht.

Im Sprachgebrauch ist uns die Kombination „schwarz-weiß“ als Idiom bekannt. Schwarz-weiß-Malerei bezeichnet eine undifferenzierte Sichtweise beziehungsweise starke Polarisierung. Sie werden neben grau auch als „unbunte“ Farben klassifiziert. Diese bestehen nur aus Licht oder der Abwesenheit von Licht und weisen keinen Farbton oder Sättigung auf. Dadurch wirken sie rudimentär, ursprünglich, neutral und lassen keine Zwischentöne oder Nuancen zu. Trotzdem haben wir Menschen ihnen unterschiedliche Bedeutungen gegeben. Goethe hat in seiner Farbenlehre folgende emotionale Zuwendungen zu beiden Farben formuliert: Weiß steht für Reinheit, Sauberkeit, Ordnung, Unschuld, Vollkommenheit, Beruhigung. Schwarz steht für Tod, Trauer, Einengung, Abgeschlossenheit, pessimistisch, hoffnungslos, schwer.[13]

Claires Mutter weiß um diese Bedeutungen und empfiehlt ihrer Tochter ein Kleid, ohne es vorher gesehen zu haben, nur anhand der Farbe.

Claires Mutter: „What are you gonna wear tonight? […]“

Claire: „Well its between black and ivory and to tell you the truth its ivory. Its so beautiful.“

Claires Mutter: „Ohh for god sackes, don´t wear ivory. Even with your figure, it´ll accentuate all the wrong places.“[14]

Claires Mutter: „Was wirst du heute Abend tragen? […]“

Claire: „Entweder schwarz oder elfenbein-farben, aber eher elfenbein-farben. Es ist so schön.“

Claires Mutter: „Um Gottes Willen, trag nicht das Efenbein-farbene. Selbst mit deiner Figur betont es alle falschen Stellen.“

„[…] Es betont alle falschen Stellen“, dass damit nicht die Figur gemeint ist, darauf wird sogar im Halbsatz davor hingewiesen. Das schwarze Kleid uniformiert. Später werden viele Anzugträger um sie herum stehen, das weiß Claire Underwood. Ohne Zweifel ist Schwarz hier die beliebteste Farbe. Sie macht stark, individuell wie kollektiv. Claire will ein Signal aussenden. Dass sich die Figuren selbst auch um die Psychologie und Bedeutung der Farben im Klaren sind, zeigt eine Szene aus der zehnten Episode der dritten Staffel, in der sich Claire ihre Haare wieder blond färbt, nachdem eine Umfrage ergeben hat, dass dies bei der Bevölkerung die beliebteste Haarfarbe für sie sei. Sie will also auch hier mit ihrer Farbwahl Signale aussenden und Sympathien gewinnen. Doch zurück zur Rede zur Lage der Nation und Claires Kleiderwahl: Claire will nicht nur als starke und selbstbewusste First Lady kontrastreich aus der Masse heraus stechen, sie will Frank auch ihren guten Willen demonstrieren, denn sie sind sich einig: kommt sie zur Rede, unterstützt er ihre Kampagne zur Erlangung eines Sitzes. Sie trägt also Weiß. Frieden, Reinheit, Neuanfang. Frank wird dieses Zeichen nicht lesen. Stattdessen wird er während seiner Ansprache die Kandidatur einer anderen Kandidatin verkünden. Eine brutal unabänderliche Wahl, die sich in den folgenden Szenen und Folgen auch in Claires Kleiderwahl widerspiegeln wird. Als sie nach der Rede ihres Mannes wieder ins Weiße Haus[15] zurückkehrt, trägt sie einen Mantel in schwarzer Farbe. Das weiße Kleid ist kaum noch zu sehen, und auch ihr weißes Tuch trägt sie zur Hälfte geknüllt in ihrer Hand. Das Weiß ist fest in Ihrer Hand – gedrückt, gestaucht, zerknüllt, auch das könnte als ein subtiles Signal verstanden werden. Es ist Abend (=dunkel), der Privattrakt des Präsidentenpaares ist nur spärlich beleuchtet. Sie steht vor ihm, aufrecht, geradeaus blickend. Die Körpersprache von Spacey und Wright in diesem Moment lässt den Boden erbeben. Alles ist in diesem Moment von schwarz umhüllt, die Gemüter, der Schatten, der über der Szene liegt und auch Claire Underwoods Kleid.

Bildausschnitt aus House of Cards Staffel 4 Episode 2. © Netflix Inc.

Bildausschnitt aus House of Cards Staffel 4 Episode 2. © Netflix Inc.


Beitragsbild: Bildausschnitt aus House of Cards Staffel 4 Episode 2. © Netflix Inc.

[1] http://kurier.at/lebensart/style/der-stilvolle-snob-die-serie-house-of-cards-wird-zur-mode-inspiration/116.444.450/slideshow

Hier kann auch eine Übersicht der Kleider von Claire Underwood begutachtet werden, die meist in gedeckten dunklen Tönen oder weiß gehalten sind.

[2] http://diepresse.com/home/blogs/phaenomedial/4888924/House-of-Cards_Erster-Trailer-zu-Staffel-vier-

[3]http://www.sueddeutsche.de/politik/baden-wuerttemberg-die-sprache-der-krawatten-1.2912047

[4] http://www.welt.de/kultur/article12278840/Wer-die-Krawatte-nicht-ehrt-macht-keinen-Aufstand.html

[5] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/tsipras-in-rom-eine-krawatte-fuer-bessere-zeiten-13407519.html

[6] http://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/der-niedergang-der-krawatte-und-ihre-gruende-13961387.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

[7] „Selbst die Uniformen des Personals der Olympischen Spiele folgten (bis auf die Bundeswehr) der Corporate Identity.“ http://www.muenchenarchitektur.com/news/25-kunst-kultur-design/16876-otl-aicher-design-olympia-72

[8] http://www.zeit.de/1972/11/vorbild-courreges

[9] http://www.muenchenarchitektur.com/news/25-kunst-kultur-design/16876-otl-aicher-design-olympia-72

[10] Die Anzüge des Olympiapersonals von 1972 können unter anderem in der aktuellen Ausstellung des Ludwig-Uhland-Instituts im HfG-Archiv in Ulm betrachtet werden. Die Ausstellung „Geschmackssachen. Normen, Formen, Kaffeekanne.“ ist noch bis Mitte Mai 2016 zu sehen und thematisiert unter anderem Geschmack als Produkt von Normen. www.geschmackssachen-ausstellung.de

[11] http://www.spiegel.de/netzwelt/web/house-of-cards-intro-von-washington-nach-wien-verlegt-a-976758.html

[12] http://www.focus.de/kultur/kino_tv/house-of-cards-house-of-cards-so-kommt-staffel-drei-an_id_4509346.html

[13] www.zeichnen-lernen.net/kunstkurse/farbenlehre.php

[14] House of Cards. Staffel 4 Episode 2

[15] Zu beachten ist hier auch, dass nicht umsonst das Haus des Präsidenten weiß ist.

 


 

Quellen

 

  • Links zuletzt abgerufen am 22. März 2016
  • https://agadugu.wordpress.com/2010/11/16/farbsymbolik-–-bedeutung-der-farben-iv-schwarz-und-weiss/
  • http://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/der-niedergang-der-krawatte-und-ihre-gruende-13961387.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
  • http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/tsipras-in-rom-eine-krawatte-fuer-bessere-zeiten-13407519.html
  • http://focus.de/kultur/kino_tv/house-of-cards-house-of-cards-so-kommt-staffel-drei-an_id_4509346.html
  • http://kurier.at/lebensart/style/der-stilvolle-snob-die-serie-house-of-cards-wird-zur-mode-inspiration/116.444.450/slideshow
  • http://www.muenchenarchitektur.com/news/25-kunst-kultur-design/16876-otl-aicher-design-olympia-72
  • http://diepresse.com/home/blogs/phaenomedial/4888924/House-of-Cards_Erster-Trailer-zu-Staffel-vier-
  • http://www.spiegel.de/netzwelt/web/house-of-cards-intro-von-washington-nach-wien-verlegt-a-976758.html
  • http://www.sueddeutsche.de/politik/baden-wuerttemberg-die-sprache-der-krawatten-1.2912047
  • http://www.welt.de/kultur/article12278840/Wer-die-Krawatte-nicht-ehrt-macht-keinen-Aufstand.html
  • http://www.zeichnen-lernen.net/kunstkurse/farbenlehre.php
  • http://www.zeit.de/1972/11/vorbild-courreges

 

  • House of Cards. Staffel 4 Episode 2

Fasching als ‚doing gender‘? – Kinderfasching

Cowboy oder Prinzessin? Drache oder Marienkäfer? Fasching, Fastnacht, Karneval[1] – aus dem Alltag ausbrechen, unserer Fantasie freien Lauf lassen? Das Verkleiden wird zur wichtigsten Körperpraxis und die (Ver-)Kleidung, ob gekauft oder selbstgemacht, zum wichtigsten Aktanten. Mit jedem Kostüm streifen wir uns eine bestimmte Identität und damit verknüpfte Bilder und Erwartungen über. „Als was gehst du dieses Jahr?“ Für Kinder (und auch für Erwachsene) ist die Frage nach der Verkleidung dann von geradezu existenzieller Bedeutung.

Kostüme als Bedeutungsgewebe
Bei der Wahl unserer Verkleidung(en) kommt es auf den eigenen Geschmack, Vorstellungen und Träume an, die aber auch mit unserem Habitus – unsere Vorprägungen und Lebensweise – zusammenhängen. (Ver-)Kleidung setzt unseren Körper auf eine bestimmte Art und Weise in Szene; gleichzeitig machen wir uns das Kleidungsstück zu Eigen, nehmen eine weitere Identität an – beispielsweise Prinzessin, Pirat oder Rotkäppchen. Diese wird als solche erkannt, weil (Ver-)Kleidung mit Zeichen, Symbolen und sogar Emotionen aufgeladen, codiert und so im kulturellen Gedächtnis abgespeichert ist. Im Allgemeinen ist Kleidung mehr als eine textile Hülle: Mit ihr sind das soziale Umfeld, gesellschaftliche Strukturen, Mode- und Körperdiskurse verwoben. Durch sie werden wir nicht nur bestimmten sozialen Gruppen zugeordnet, es wird auch eine bestimmte (Geschlechts-) Identität erzeugt.

Von glitzernden Prinzessinnen…
Auf einer Faschingsveranstaltung für Kinder in Tübingen und in einem Laden, der eine große Auswahl an Kostümen bot, fiel mir auf, dass wohl vor allem Märchengestalten, (Super-)Helden aus Film und Comic sowie Tiere zu den beliebtesten Verkleidungen zählen mussten.

Abb. 1 Marienkaefer, Fee, Rotkaeppchen©Anne-J. Schneider

Abb. 1 Marienkaefer, Fee, Rotkaeppchen©Anne-J. Schneider

Für Jungen und Mädchen gibt es (nach wie vor) bestimmte Kostüm-Klassiker: Mädchen gehen beispielsweise gerne als Prinzessin, Fee, Squaw, Katze oder Marienkäfer.

Abb. 2 Cowboy, Polizist, Drache©Anne-J. Schneider

Abb. 2 Cowboy, Polizist, Drache©Anne-J. Schneider

 

 

 

 

Viele Jungs verkleiden sich als Cowboy, Polizist, Indianer, Pirat oder Drache. (s. Abb. 2) Klar, dass auch aktuell beliebte Filme die Kostümwelt beeinflussen: Neben Star Wars-Charakteren sind auch die „Minions“ häufig vertreten – letztere sind an sich geschlechtslos – Mädchen und Jungen gehen als diese knuffigen, gelben Wesen.

Dabei sticht sofort ins Auge: Anhand klarer, gewohnter Zeichen können die Kostüme eindeutig dem jeweiligen Geschlecht zugeordnet werden. Vor allem die Mädchenkostüme, sogar die Tierkostüme, bestehen fast ausnahmslos aus einem Rock oder Kleid – ein wahres Meer aus Pink, Glitzer und Tüll (oder Blau im Falle von Elsa aus „Frozen“). Mehr noch: Sie imitieren durch Korsage, Taillierung und Rock einen weiblichen, erwachsenen Körper.

… und bärtigen Cowboys
Die Kostüme der Jungen sind ‚männlich‘ gestaltet (Hose und Hemd oder Shirt). Kleinen Cowboys oder Piraten wird mitunter ein Bart aufgemalt. Und Pink? Keine Spur!

Abb. 3 Indianer, Squaw©Anne-J. Schneider

Abb. 3 Indianer, Squaw©Anne-J. Schneider

Manche Kostümierungen gibt es aber als weibliche und männliche Version: Indianerinnen (Squaws) und Piratinnen tragen Kleider oder Röcke anstelle von Hosen oder Overalls. (s. Abb. 3) Und damit man sich ja nicht ‚ver-kauft‘: Auf den Etiketten der Kostüme ist jeweils ein Mädchen oder Junge in diesem Kostüm abgebildet. Ist das freie Kostümwahl?

Abb. 4 SchlafwandlerIn©Anne-J. Schneider

Abb. 4 SchlafwandlerIn©Anne-J. Schneider

 

Im Laden gab es sogar ein als neutral gelabeltes Kostüm: Jungen und Mädchen dürfen SchlafwandlerIn sein. (s. Abb. 4). Die Kostüme machen aus Kindern Erwachsene, verstärken oder antizipieren sogar eine gewisse Rollenerwartung. Vor allem bei den Mädchenkostümen findet eine „gezielte Sexualisierung“ der Kleidung statt. (Mentges, S. 21) Auch Accessoires sind ‚eindeutig‘ gegendert: Welcher Cowboy würde zu einer rosafarbenen Knarre greifen?

Prinzessin in der Hose?
Fasching ist insofern als ‚doing gender‘ lesbar, als sich in den gängigsten (Kinder-)Kostümen der binäre Geschlechterdiskurs unserer Gesellschaft manifestiert, materialisiert und performativ bestätigt wird. Märchenprinzessinnen oder Feen tragen keine Hosen, weil wir es so gelernt haben (Ausnahme: Prinzessin aus Tausendundeine Nacht in Pluderhose); weil die Bilder solcher Gestalten aus einer Zeit stammen, in der Frauen keine Hosen trugen? Vielleicht sollte Klein-Lisa nächstes Jahr als Prinzessin mit Hose gehen. Ich wäre auf die Reaktionen gespannt.

[1] Die Bezeichnung ist abhängig von der Region. Für diesen Beitrag wähle ich den Begriff „Fasching“, da ich mich zwar im Raum der schwäbisch-alemannischen Fastnacht bewege, mich aber nicht auf die traditionelle Fastnacht/Fasnet beziehe. (s. Blogeintrag „Fasching als ‚doing gender‘? – Die Hexe in der Fasnacht“ für die südwestdeutsche Fasnacht als Bezugsrahmen.)

 

Literatur:
Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt/Main 1982.
Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/Main 1991, S. 190-218.
Latour, Bruno: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie. Frankfurt/Main 2007, S. 76-127.
Lehnert, Getrud: Wenn Frauen Männerkleider tragen. Geschlecht und Maskerade in Literatur und Geschichte. München 1997.
Lunin, Vincent: Kleid und Verkleidung. Untersuchungen zum Verkleidungsmotiv unter besonderer Berücksichtigung der altfranzösischen Literatur. Bern 1954.
Mentges, Gabriele: Uniform – Kostüm – Maskerade. Einführende Überlegungen. In: Gabriele Mentges/Dagmar Neuland-Kitzerow/Birgit Richard (Hg.): Uniformierungen in Bewegung. Vestimentäre Praktiken zwischen Vereinheitlichung, Kostümierung und Maskerade. Münster u.a. 2007, S. 13-28.

Die Qual der Zahl – Was Konfektionsmode mit sich bringt

Eigentlich soll sie das Kleiderkaufen erleichtern, die Konfektionsgröße. Gefällt mir ein Teil, muss ich nur noch meine Größe auswählen und das Ding wird passen. Soweit zur Theorie. In der Praxis sieht das anders aus: Eine Studie eines Online-Portals besagt, dass 93% der Frauen in Deutschland mehrere Größen im Schrank haben.[1] In die üblichen Bekleidungsgrößen von 36 bis 42 passen angeblich nur 21%.[2]

SuperSkinny

Ein Grund dafür: Die Textil-Hersteller in Europa können die Maße für eine Größe selbst definieren. Ergebnisse aus regelmäßig durchgeführten Reihenmessungen geben zwar Bereiche für z.B. Brust-, Taillen- und Hüftumfang vor. Dies sind aber keine verbindlichen Normen. So können die Kleider von Marke zu Marke sehr unterschiedlich ausfallen. Dazu kommt, dass dieses Größensystem international nicht einheitlich ist: In Italien ist eine deutsche 36 eine 40, in Frankreich eine 38.

Diese Erfahrung macht auch eine junge Frau in einem Magazin-Beitrag.[3] Bei dem vorgestellten Experiment probiert sie Oberteile und Hosen aus verschiedenen Geschäften an, jedes Mal in Größe 38. Die Mode-Expertin legt das Maßband an, um zu schauen, um welche Größe es sich laut Reihenmessung-Definition tatsächlich handelt. Das Resultat: Die Kleider sind in den meisten Fällen zu eng und entsprechen laut Zentimetermaßen nicht den Angaben einer Größe 38. Ärgerlich, wenn man sich darauf verlässt, aber im Grunde leicht lösbar, indem die junge Frau es in Zukunft tendenziell mit einer Größe größer probiert.

Ist doch nur eine Zahl! – oder?

Die Rhetorik des Magazin-Beitrags deutet etwas anderes an: „Jetzt kommt der Albtraum jeder Frau – die Hose geht gar nicht zu“ und „ausgerechnet eine Hose in Größe 42 passt Marie am besten“, ist aus dem Off zu hören. „Jetzt sei bitte nicht frustriert“, kommentiert das die Mode-Expertin.

Welche Größe passt? Und wie fühlt sich das an?

Nicht nur: „Welche Größe passt?“, sondern: „Wie fühle ich mich damit?“

Marie passt nicht in die Hose und ihr erster Gedanke ist: „Was stimmt nicht mit meinem Körper?“ Die Konfektionsgröße dient damit nicht nur der Orientierung im Laden, sondern ist ein Mittel zur Selbsteinschätzung und Selbstvergewisserung über Körperformen und -proportionen. Denn es wird von einem Standard ausgegangen. „Individualität und Unverwechselbarkeit der Körperformen werden als Abweichung und nicht als Bereicherung gesehen“, erklärt die Soziologin Waltraud Posch in ihrem Buch „Körper machen Leute. Der Kult um die Schönheit.“ [4] Woher kommt dieser Gedanke: Von einem bestimmten Schönheitsideal, von dem sich die Praxis des Einheitslooks abgeleitet hat? Oder hat sich das Ideal aus den Praxen entwickelt?

Einheitliche Konfektionsgrößen gibt es in Deutschland seit 1900, als von Einzelfertigung auf industrielle Produktion umgestellt wurde. Trotzdem fand ein Schneider damals Beschäftigung, denn Anpassungen galten als völlig normal. Seit 1957 werden in Deutschland regelmäßig Reihenmessungen von den Hohensteiner Instituten durchgeführt. Die Durchschnittswerte sollen Anhaltspunkte dafür geben, wie Kleidung für die Menschen in Deutschland geschnitten sein sollte, damit sie möglichst vielen passt. Genau das gleiche macht auch das Deutsche Institut für Normierung, um die Höhen von Türrahmen, Schreibtischen und Notfallschaltern für möglichst viele Menschen möglichst angenehm zu gestalten. Auch hier ist nicht garantiert, dass dies gelingt, schließlich handelt es sich nur um statistische Werte. Doch in diesen Fällen würde man seinen Körper bei Abweichungen viel weniger in Zweifel ziehen als bei der Kleidung. Das Einordnen in Konfektionsgrößen umfasst aber mehr als eine Zahl, speziell für Frauen. Kleinere Größen sind positiver konnotiert als große Größen. Eva Hillers, Dozentin für Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein erklärt, dass viele Unternehmen ihre Ware grundsätzlich kleiner auszeichnen, damit der Käufer sich „besser fühle“, „weil da eine kleinere Größe draufsteht“.[5]

Schlanksein – sexy oder ungesund?

In diesen Praktiken verdeutlicht sich das Schlankheitsideal der heutigen Zeit. Dieses hat sich aber ebenfalls erst mit der vorletzten Jahrhundertwende ergeben. Davor galt deutliche Schlankheit als kränklich.[6] In den 1960er-Jahren wurde das Schlankheitsideal durch das Aufkommen von Diät-Industrie und Massenmedien forciert. Einen Höhepunkt fand das bis jetzt in den 2000ern mit dem Hollywood-Trend „Size Zero“ – eine Marke, die bald für sich selbst stand und nicht mehr hinterfragt wurde. Übersetzt ins Deutsche bedeutet sie Größe 32 – eine Größe, die normalerweise von etwa 12-jährigen Mädchen getragen wird, nicht aber von erwachsenen Frauen. Trotzdem war „Size Zero“ damals Ausdruck dafür, es zur perfekten Figur geschafft zu haben.

Dabei stand die Größe für sich selbst ohne Relationen, etwa, wie groß diejenige Person war oder wie alt. Denn der Körper verändert sich automatisch im Laufe eines Lebens, sodass Änderungen bei der Konfektionsgröße nicht nur wahrscheinlich, sondern auch gesund sind. Diese Dynamiken werden bei solchen „Zahlendebatten“ jedoch komplett ausgeblendet. Glück und Wohlbefinden werden von bestimmten Maßen abhängig gemacht. Doch dabei läuft man Gefahr, auf einen Etikettenschwindel hereinzufallen.

[1] Myriam Siegert: Der Frust mit der Klamotte. In: Abendzeitung München, 01.03.2013 15:49 Uhr. http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.konfektionsgroessen-der-frust-mit-der-klamotte.a9792bd1-7323-4c9c-b96c-1a93c11c1622.html Zugriff: 11.01.2016 10:28 Uhr.

[2] Quarks & Co: Mensch nach Maß? Von DIN-Normen und Körpergrößen, S.15. http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_DIN.pdf Zugriff: 29.02.2016 13:33 Uhr.

[3] http://web.de/magazine/geld-karriere/echte-kleidergroessen-30945640

[4] Waltraud Posch: Körper machen Leute. Der Kult um die Schönheit. Frankfurt a.M. 1999, S.74.

[5]Nicole Scherschun: Europa im Größenwahn.09.03.2009 http://www.dw.com/de/europa-im-gr%C3%B6%C3%9Fenwahn/a-4083395 Zugriff:11.01.2016 11:17 Uhr.

[6] Vgl. Posch 1999, S.138-144.