In Szene gesetzt – was wir mit der Farbe der Unterwäsche ausdrücken

Was ist deine Lieblingsfarbe? Und hat deine Unterwäsche dieselbe Farbe? Höchstwahrscheinlich nicht, denn mit der Farbe der Unterwäsche verbinden wir weitaus mehr als nur eine ästhetische Vorliebe. So ist denn kaum jemandes Lieblingsfarbe Schwarz, dennoch gab bei meiner Forschung die Mehrzahl der Interviewpartnerinnen an, schwarze Unterwäsche zu bevorzugen. Dazu kommt noch, dass die Unterbekleidung meist nicht sichtbar ist und damit nur der Trägerin ein subtiles Gefühl übermittelt wird.

Doch erst zu meinem Vorgehen. Meine Forschungsfrage lautete: Welche Rolle spielt die Farbe der Unterwäsche bei der Selbstwahrnehmung und der Selbstdarstellung der Trägerin?  Um dieser Frage nachzugehen, befragte ich weibliche Personen im Durchschnittsalter von 26 Jahren, welche Assoziationen sie mit den Unterwäschefarben Rosa, Rot, Weiß, Schwarz und Hautfarben verbinden.

Meine Erwartungen waren relativ hoch, da für mich die Farbcharakteristika ziemlich eindeutig waren. Beispielsweise dient Rot in unserem Alltag als Signalfarbe und Weiß (beispielsweise in der Kunst) als die Farbe der Unschuld und Reinheit. Doch im Laufe der Forschung begegnete ich großen individuellen Unterschieden in der Wahrnehmung der Farben.

Besitzmenge an BH nach Farbe geordnet

Besitzmenge an BHs, nach Farbe geordnet


Angefangen mit Fotos von Unterwäschemodels sollte jede von meinen Interviewpartnerinnen Adjektive nennen, die sie mit den Fotos verband. Bei der Auswertung wurde mir jedoch das Problem bewusst, dass die Befragten nicht nur die Farbe bewerteten sondern auch die Models und das Umfeld, in dem sie fotografiert wurden. So beschrieben die Interviewten das BH-Model für Weiß als ländlich und bäuerlich, da es vor einer Holzwand saß, zudem waren alle Models jung und attraktiv, bei durchschnittlicheren Frauen wären die Ergebnisse wohl anders ausgefallen.

Nichtsdestotrotz ließen sich einige Überschneidungen in der Charakterisierung feststellen:

Die Charakterisierung meiner Interviewpartnerinnen

Die Überschneidungen in der Charakterisierung der Farben durch meine Interviewpartnerinnen

Auffallend war, dass Rosa als jung, sportlich und sogar mädchenhaft wahrgenommen wurde und sich alle Befragten als jung und nicht sehr erfahren einordneten. Trotzdem besaßen nur drei von ihnen einen rosa BH. Zunächst also entweder ein Hinweis darauf, dass sich von der Farbe kein Rückschluss auf die Persönlichkeit machen lässt, oder darauf, dass die meisten sich nicht mit der Charakterisierung dieser Farbe identifizieren wollen.

Auch Hautfarben kam bei den Befragten schlecht weg, obwohl die Adjektive alle einen nicht unangenehmen Menschen ausmachen würden. Die Farbe schien nicht das darzustellen, was die Frauen sich wünschten zu sein, denn nur eine von ihnen besaß einen solchen BH. Meiner Ansicht nach vermitteln die Adjektive „umgänglich“, „verlässlich“ und „sauber“ ein zu normales, schlichtes Bild einer Frau, ein Bild, dem sich keine wirklich verbunden fühlte.

Rot wiederum war zu extrem, da es als eindeutig sexuell belegte Farbe (beispielsweise „Rotlicht“) eine zu große Polarität zwischen der dargestellten Erotik und der geringen sexuellen Offenheit, die die Befragten andeuteten, erzeugen würde. Darin bestätigt wurde ich dadurch, dass nur eine Frau einen roten BH besaß, welcher nicht durch weiße Streifen o.ä. in seiner Wirkung abgeschwächt wurde. Auf meine Frage nach der Assoziation zu Rot antwortete eine, das Model sei „sicher voll die Bombe im Bett“ – eine Charakterisierung, auf die wahrscheinlich wenige Frauen als einziges reduziert werden wollen.

bevorzugt neu

Kommen wir zu Schwarz, der Lieblings-BH-Farbe von zwei Dritteln der Befragten. Schwarz vereint in sich die ideale Mischung – nicht zu auffallend, klassisch, Sinnbild einer starken Frau, die sich ihrer Wirkung bewusst ist. Zunächst verwunderlich, aber später meine These bestätigend, war, dass die Frauen, laut ihren eigenen Aussagen über ihre Persönlichkeit, nicht viel mit dieser Beschreibung gemein haben. Dennoch möchten sie sich damit identifizieren und übernehmen durch das Tragen die Eigenschaften der Farbe, wenn auch nur gefühlsmäßig.

Meine These, die Farbe der Unterwäsche spiele nicht nur bei der Kaufentscheidung eine tragende Rolle, sondern vermittle auch der Trägerin ein bestimmtes Gefühl, wurde durch die Forschung bestätigt. Allerdings nur in eine der zwei Richtungen: Die Trägerin spiegelt dadurch nicht direkt ihre persönlichen Charakterzüge wider, sondern die Farbe vermittelt der Trägerin das Gefühl, das sie gerne empfindet – beispielsweise Stärke, Selbstbewusstsein und Reife. Eine weitere interessante Frage wäre also: weshalb empfinden wir Schwarz als klassisch, stilvoll und sinnlich und Weiß als traditionell und zurückhaltend?

Auch wenn meine Interviewpartnerinnen angaben, nur selten jemand beeindrucken zu wollen – das Gefühl, dass sie es könnte, umgibt eine Person bereits mit der Ausstrahlung, sich ihrer Selbst sicher zu sein. Schön, dass man sein Selbstbewusstsein so einfach stärken kann –  ohne dass jemand die Ursache sieht.