Woran denken Sie, wenn Sie Shaping – Wäsche[1] hören? An fleischfarbene, unmoderne „Liebestöter“? Der Gedanke an Shaping – Wäsche war in meinem Sprachgebrauch lange negativ konnotiert, ich verband sie mit Schamgefühlen und Unwohlsein, mit dem
„Unperfekten“. Umso überraschter war ich, als ich mich vor kurzem bewusst in der Unterwäscheabteilung einer jungen Modekette umschaute und eine ganze Stange voller Shaping – Wäschestücke vorfand.
Interessant an dieser Beobachtung war für mich, dass die ausgestellten Stücke keineswegs an Wäsche aus Omas Schublade erinnerten. Ganz im Gegenteil: oft verziert mit Spitzen und Ziernähten muten die Wäschestücke sehr edel und seidig an. Um diesen ersten Eindruck zu überprüfen, besuchte ich in der Folge mehrere Wäschegeschäfte: fast jedes führt auch eine Shaping – Kollektion! Sie hängt also überall, diese Shaping – Wäsche, und vom fleischfarbenen „Liebestöter“ ist sie weit entfernt… Doch, kommt das an bei den Kundinnen? Wird Shaping – Wäsche gekauft und getragen und wenn ja, warum? Und überhaupt: Wird Shaping – Wäsche vielleicht als schön empfunden? Spitzen und seidige Stoffe erinnern ja durchaus an Dessous! Antworten auf diese Fragen bekam ich mittels einer kleinen Feldstudie[2], die ich zu diesem Thema durchführte.
Bereits die Frage, woran die Interviewpartnerinnen denken, wenn sie den Begriff Shaping – Wäsche hören, war von meinen Konnotationen weit entfernt: „sich schöner machen/wohler fühlen“ (4 Nennungen), „Problemzonen verdecken/Körper hat nicht die ‚richtige‘ Form/glatterer Look“ (4 Nennungen) und „schummeln/kaschieren/Bauch-Weg“ (4 Nennungen). Damit überwiegt ganz deutlich der Schönheitsaspekt der Wäsche, der unmoderne „Liebestöter“ wurde hingegen gar nicht erst genannt. So überrascht es nicht, dass vier von sieben Befragten selbst auch Shaping – Wäsche im Schrank haben und regelmäßig tragen. Als sehr interessant ist auch der folgende Aspekt zu nennen: die Frage nach dem Warum. Hierzu schicke ich voraus, dass alle befragten jungen Frauen schlank sind; ihre subjektive Selbsteinschätzung davon aber deutlich abweicht: Begriffe wie „schöner/größer/schlanker/besser/weniger“ wurden gleich sechs Mal genannt, außerdem sollen „Körperpartien, die ich nicht mag, […] nicht auffallen, das Körperbild soll stimmiger sein“.
Um auf den Aspekt der Ästhetik zurückzukommen, abschließend der Eindruck auf die Frage: Empfinden Sie Shaping – Wäsche als schön? Während hier nur eine der Befragten mit „Nicht wirklich, es macht zwar schön, sieht aber nicht so super aus“ antwortete, empfanden alle anderen Shaping – Wäsche, die weibliche Formen unterstützt und die mit Spitzen versehen sind, durchaus als schön.
Als kleines Fazit meiner Studie lässt sich also festhalten: Schummel – Unterwäsche ist im Jahr 2014 wieder in der Gesellschaft angekommen. Ich hatte während den Interviews nicht den Eindruck, als machte es den Befragten etwas aus, Auskünfte über vermutete „Defizite“ am eigenen Körper zu erteilen; Shaping – Wäsche wird als etwas „Normales“ empfunden und ist keineswegs verpönt. Das mag zum Teil an Aussehen und Aufmachung der Wäsche liegen, die doch – zumindest bei den schwarzen Teilen – eher an schöne Wäsche als an die eigene Großmutter erinnert! Neben diesem Aspekt ist aber auch auffallend, wie sehr sich das Körpergefühl über die Zeit verändert: Hauptsache schlank und den Körper in die „richtige“ Form zu „shapen“ steht hier im Mittelpunkt.. Wie auch immer diese „richtige Form“ im Jahr 2014 aussehen mag.
[1] Im vorliegenden Beitrag wird unter Shaping – Wäsche Miederhöschen, Korsetts / Korsagen, Wonderbras und Unterkleider beziehungsweise sonstige stützende Wäsche verstanden.
[2] Im Rahmen der Forschung wurden sieben junge Frauen zwischen 20 und 23 Jahren befragt. Die Auswahl der Interviewpartnerinnen erfolgte im Freundeskreis, die Studie ist nicht repräsentativ.