Während sich der eine Blogbeitrag bereits mit Farben in der Berufskleidung aus der Sicht von Knigge-Ratgebern beschäftigt hat (http://blog.kulturding.de/?author=84), so möchte ich in diesem Beitrag auf die Sicht der KleidungsträgerInnen eingehen. Können die Farbvorstellungen, die in Knigge-Büchern beschrieben werden, überhaupt bestätigt werden oder sind sie weit weniger streng als der Knigge uns „weiß“ machen möchte?
Gefragt habe ich insgesamt sechs Personen, die in Berufen arbeiten, in denen Berufskleidung ein wichtige Rolle spielt: eine Sekretärin einer Anwaltsfirma, eine Unternehmensberaterin und einen Unternehmensberater, einen Bankangestellten und eine Bankangestellte und einen Verkäufer in einer gehobeneren Boutique. Zudem habe ich noch Interviews mit zwei Personen geführt, die im Kreativbereich tätig sind: mit einem Architekten und einer Werbetexterin. Zur visuellen Unterstützung bat ich einige dieser Personen zudem, mir Bilder ihres typischen Berufsoutfits zu schicken.
Erstaunlich war, dass fast jeder der befragten Personen eine gewisse Vorliebe für Schwarz an den Tag legte. Es fielen Aussagen wie „Es ist halt klassisch“ (Sekretärin) oder mit „Schwarz kann man eigentlich nichts falsch“(Verkäufer) machen. Bei den Frauen wurde Schwarz vor allem als beliebte Farbe bei Blazern oder in Kostümen in Kombination mit einer weißen oder farbigen Bluse genannt. Auch der Architekt sagte mir, dass er eine gewisse Vorliebe für Schwarz habe, aber dass dies auch damit zusammen hänge, dass er gerne mit dem Klischee des Schwarz tragenden Architekten spiele. Auf die Frage, ob Schwarz oder Farben generell explizit in ihrem Beruf vorgegeben seien oder es vielleicht sogar Anforderungen aus der Chefetage gebe, verneinten alle Personen bis auf die zwei Bankangestellten. Ihrer Aussage nach gäbe es in ihrer Bank sogar einen Outfit-Knigge, der vorgäbe, wie berufskonforme Kleidung auszusehen habe. Dabei seien knallige Farben absolut tabu. Blau als Anzugfarbe werde bevorzugt, auch wenn es nicht strikt vorgegeben sei. Viele ihrer Kollegen trügen auch gerne Anzüge oder Kostüme in Grau.
Eine Unternehmensberaterin hingegen erzählte mir, dass es in ihrer Firma zwar eine Pflicht gebe, berufskonforme Kleidung zu tragen, aber keine ausdrücklichen Auflagen, sich in einer bestimmten Farbe zu kleiden:
„Mein Chef hat mir nie gesagt: Zieh das und das an. Man schaut einfach bei den anderen, wie die sich anziehen und passt sich da an. Wir tragen meistens schon Schwarz und Blau und so. Aber das ist ja normal. Wer würde schon ein grünes Kostüm tragen? Es soll halt alles sehr schick sein. Die Qualität der Stoffe spielt bei uns eigentlich eine größere Rolle als die Farbe an sich. Gerade als Frau hat man ja häufig die Möglichkeit, Farbe in Form von Blusen oder Halstüchern zu zeigen.“
Ihrer Aussage nach sei die Qualität der Stoffe entscheidender als die Farbe. Trotzdem hätte es sich etabliert, dass die Mitarbeiter Schwarz und Blau trügen. Es könnte somit als unausgesprochene Norm gewertet werden. Ihr Kollege, den ich ebenso befragt habe, sagte mir weiterhin, dass man schon darauf achte, nie besser oder teurer als der Chef angezogen zu sein, aber nicht, dass nur der Chef das schwärzeste Schwarz tragen dürfte.
Insgesamt hat sich in den Interviews gezeigt, dass die Dominanz der dunklen klassischen Farben im Business tatsächlich gegeben ist. Dies sei zwar nicht immer explizit aus der Chefetage vorgegeben, entspreche aber der gängigen Norm. Man trüge es, weil es sich im Umfeld so etabliert habe und weil man mit dunklen, zurückhaltenden Farben nicht viel falsch machen könne. Lediglich bei den zwei Bankangestellten gab es farbliche Vorgaben an die Berufskleidung.