Dicke Mode-Vlogger
Dass es einen breiten Alternativdiskurs zu den vorherrschenden dünnen Körperidealen gibt, zeigt ein weiterer Blick in die sozialen Medien. Dort finden sich unzählige Blogs und Vlogs in denen AnhängerInnen der Fat-Acceptance- und Body-Positiv-Bewegung über beinahe alle Bereiche ihres Lebens berichten. Neben politischen Vlogs finden sich auf You Tube hunderte VlogerInnen, die offen und öffentlichkeitswirksam über ihre Körper und deren Bekleidung sprechen. Diese Vlogs führen zurück zum Ausgangsthema dieses Blogbeitrags, der Frage nach dem Zusammenhang von Mode und dicken Körpern.
xBrittney 89: A Plus Size Point Of View
Einer dieser Vlogs wird vom amerikanischen Plus-Size-Modell Brittney (27 Jahre alt) betrieben und von über 35.000 AbonentInnen verfolgt. Inhaltlich finden sich auf ihrem Kanal: „OOTD’s, DIY projects, shopping hauls, makeup tutorials, and more!“ (Brittney 2016). Sie selbst beschreibt sich als „a plus-size girl choosing happiness along this crazy ride called life“ (Brittney 2016).
In ihren „Style Sunday“-Videos zeigt die Vloggerin diverse Outfits und Accessoires, spricht über verschiedene Shoppingerlebnisse und führt unterschiedliche Kleidungstücke, meist tanzend, vor der Kamera vor. Neben diesen Videos finden sich unter der Rubrik „Fat Chat Friday“ Videos, in denen Brittney über viele Bereiche ihres Lebens als „fette Frau“, wie Dating, Besuche in der Disco, oder Erlebnisse aus der Schule und dem Berufsleben, spricht. Dabei geht sie offen mit ihrem, nach eigenen Angaben von der gesellschaftlichen Norm abweichenden, Körper um und teilt ihre eigene „Body-Positivity“ mit ihren AbonentInnen. Für sie ist ihr Kanal: „a safe-zone for everybody to enjoy and relate” (Brittney 2016). Sie erläutert über die Kleidung, die sie trägt, ihre Beziehung zu ihrem Körper und spricht darüber, wie sie ihr eigenes Körper-Selbstbewusstsein erlangte und wie sie dieses im Alltag herstellt.
In ihrer Auseinandersetzung mit Mode, setzt sie sich immer wieder auch mit ihrer eigenen Körperlichkeit auseinander und animiert ihre AbonentInnen zur eigenen, individuellen Beschäftigung mit Körper und Bekleidung: „So I challenge you the next time you limit yourself on what you should or shouldn’t be wearing. Try new things. Push yourself outside of your comfort zone. And mostly, try to push out the ideals of society. Because then you will create more room for your own validation. And that will empower you more than society will ever do for you” (Brittney 2016). In einem ihrer Videos formuliert Brittney ihren Ansatz noch zugespitzter: „Our worth is not defined by a number on the scale”.
Anschließende Überlegungen
Brittney’s Vlog zeigt, dass diese Art der Auseinandersetzung mit Körperbildern und Mode, über bestimmte Praktiken und Bilder einen alternativen Diskurs zu etablierten versucht. Hier bildet sich ein Gegendiskurs zu den von der Gesellschaft als ästhetisch markierten Körperbildern und deren Visualisierung. Auf ihrem Kanal finden komplexe Prozesse des Aneignens und Aushandelns von Vorstellungen und Praktiken über bestimmte Körperbilder und deren Visualisierung statt. Diese neuen Körperbilder und Diskurse schaffen eine Überbrückung kultureller wie gesellschaftlicher Grenzen in Bezug auf die Konstruktion und Visualisierung von Körpern, die sich außerhalb gesellschaftlicher Normen bewegen und erschaffen zugleich neue symbolische Grenzen, indem Texte, Codes oder Praktiken zu Körperlichkeit und Mode transformiert werden.
Neue empirische Felder
Brittney’s Vlog als ein Beispiel der vielen Mode-Plus-Size-Vlogs, die sich auf You Tube finden, stellt ein interessantes kulturwissenschaftliches Forschungsfeld dar, welches enormes Potential zur empirischen Untersuchung gegenwärtiger Körperbilder bietet. Diese Vlogs zeigen, über welche Praktiken Körperbilder im Web 2.0, in dem die Rezipienten- und die Produzentenebene zusammenfallen, hergestellt werden und wie Körperdiskurse dort konkret verhandelt werden. Vlogs und Blogs dieser Art bieten die Möglichkeit, Fragen nach den Ressourcen und der Handlungsmacht scheinbar unterlegener AkteurInnen zu erforschen und in Zusammenhang mit den neuen Möglichkeiten der Sozialen Medien zu bringen. Untersuchungen dieser Art könnten zeigen, welches subversive Potential aus der dort stattfindenden Aushandlung und Herstellung dicker Körper erwächst und welche Privilegien (aber auch Risiken) aus diesen neuen Bild- und Kommunikationswelten des Web 2.0 resultieren. In Anlehnung an Foucaults Machtbegriff können Fragen nach der Aushandlung, gar Kritik an hegemonialen Vorstellungen von Schönheit, Ästhetik und Körperbildern gestellt und konkret empirisch untersucht werden.
Quellenverzeichnis:
xBrittney 89: A Plus Size Point Of View. URL: https://www.youtube.com/user/xBrittney89 (Zugriff: 31.03.2016).