UMARMUNG- EIN MUSS & GLEICHZEITIG EIN NO GO

Das sich gegenseitige Berühren, der Körperkontakt, ist ein wesentlicher Teil der Körpersprache, die nicht weniger wichtig ist als die verbale Kommunikation.

Im Gegensatz zum reinen Informationsübermittler durch das gesprochene Wort ist die Körpersprache der Emotionsüberträger.

Es ist wichtig beide Kommunikationsebenen richtig zu verstehen, denn Emotionen werden oftmals nicht in Worte gefasst, bleiben unausgesprochen und werden alleine durch Mimik und die Körpersprache wirksam. Sollte das Ausgesprochene nicht mit den intuitiven Signalen des Körpers übereinstimmen, kann es zur Irritation des Gegenübers kommen.

Das gegenseitige Berühren ist ein urmenschliches Bedürfnis.Der Embryo fühlt sich im Mutterleib geborgen. Die Mutter nährt und sorgt sich um ihr Neugeborenes und durch die Berührung entsteht eine eigene nonverbale Sprache, in der Fürsorge, Liebe und Sicherheit kommuniziert werden.

Die Grenzen der Intimität durch Körperkontakt sind in Nordeuropa eher eng gezogen verglichen mit einigen Ländern in Südeuropa wie z.B. in Italien und Spanien, wo man zu Berührungen ein viel freieres, weniger verkrampftes Verhältnis pflegt. Die Menschen dort berühren einander gerne, um Vertrauen und Sympathie zu zeigen.Sie nutzen die Ausdrucksmöglichkeit ihres Körpers viel selbstverständlicher.

Auch unter Männern sind Gesten der Zuneigung und Freundschaft üblich, herzliche Umarmungen und (Wangen-) Küsse zur Begrüßung, die in Mitteleuropa hauptsächlich als erotische Signale gelten und darum schnell missverstanden werden können.Zieht sich jemand von Ritualen solcher Art zurück, kann das z. B. von Südländern leicht als persönliche Ablehnung interpretiert werden, die gar nicht beabsichtigt war. Es ist möglich, dass man dadurch nur noch mehr Berührungsversuche und Kontaktbemühungen provoziert, weil das temperamentvolle berührungsaffine Gegenüber seine Zuneigung zeigen will.

In unseren Breiten ist ein Händedruck die gängige Begrüßungsgeste vor allem im formellen Umgang mit anderen Personen.Freundinnen küssen sich zumeist zur Begrüßung und Verabschiedung auf die Wange während gut befreundete Männer sich mit einer Umarmung kräftig auf die Schulter klopfen.

Welche Körperhaltungen und Gesten in verschiedenen Ländern üblich sind, hängt nicht nur  von kulturellen Faktoren wie der Kleidung, sondern auch von natürlichen Faktoren, wie dem   Klima (Feuchte oder Hitze, Kälte) ab.

In Indien findet bei der Begrüßung keine gegenseitige Berührung statt, die Handflächen werden auf Brusthöhe gefaltet, der Kopf wird dabei leicht gesenkt. Je nach sozialem Stand des Gegenübers werden die Hände auch höher gehoben. Die Traditionen und Umgangsformen in den verschiedenen Gesellschaften hinsichtlich des Körperkontakts sind durchaus unterschiedlich ausgeprägt.Generell sind Asiaten, Nordeuropäer, US-Amerikaner und Kanadier kontaktärmere Kulturen. Latein-Amerikaner, Araber, Griechen, Türken und einige afrikanische Kulturen sind hingegen kontaktfreudiger. Es gibt Kulturen, in denen ein „Noli me tangere“, ein „Rühr mich nicht an“ die Beziehung zwischen verschiedenen Menschen regiert. In anderen Kulturen wiederum ist das Berühren so sehr ein Teil des Lebens – Umarmen, Streicheln und Küssen sind selbstverständlich – , dass solche Verhaltensweisen für berührungsärmere Kulturen merkwürdig, unpassend unangenehm und peinlich erscheinen.

Das breite Spektrum von kontaktfreudig zu zurückhaltend ist dennoch situationsbedingt und muss daher differenziert werden. Während es in Thailand ein anerkanntes Verhalten ist, dass sich zwei junge Männer an den Händen haltend in der Öffentlichkeit bewegen, und dies ohne jede homoerotische Bedeutung aufgefasst wird, gilt das sich an den Händen halten zwischen Frauen und Männern als Tabu.

Aber selbst innerhalb einer Gesellschaft in der westlichen Welt kann es bei den verschiedenen Familien große Unterschiede hinsichtlich der Berührungskultur geben. Auf der einen Seite gibt es Familien, die häufigen Berührungskontakt als mehr oder weniger selbstverständlich empfinden. Das bezieht sich nicht nur auf Mutter und Kind,sondern auch auf alle anderen Familienglieder. Ebenso gibt es dort Familien, in denen nur der allernötigste Körperkontakt stattfindet. Es lässt sich also nicht ganz pauschalisieren und es verändert sich auch immer wieder.