Corporate Fashion – Wie Arbeitskleidung heute sein muss

Eine neuartige Arbeitskleidung stellt die sogenannte Corporate Fashion dar. Wie am Namen zu erkennen ist, hat sie ihren Ursprung in der seit den 1970er Jahren entstehenden Idee der Corporate Identity. In der heutigen global agierenden Wirtschaft definiert sich ein Unternehmen nicht mehr nur über das Produkt, welches es herstellt. Immer mehr wird versucht, durch ein spezielles Auftreten des Unternehmens eine unverwechselbare Marke zu kreieren, die über ihre Produkte hinaus wirkt. Die Corporate Identity ist letztlich die unternehmensspezifische Positionierung für welche Werte das Unternehmen steht oder wie in der Firma kommuniziert wird, man könnte es auch als den Versuch bezeichnen, eine bestimmte Unternehmenskultur in einem Unternehmen zu fixieren um daraus Wettbewerbsvorteile am Markt zu bekommen.1

Ein Mittel mit dessen Hilfe diese Aufgabe umgesetzt wird, ist sogenannte Corporate Fashion. Durch eine spezielle Kleidung sind die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht nur von außen zu erkennen2, sondern sie erkennen sich auch untereinander an der Kleidung. Womit eine wichtiger Schritt – die Kenntlichmachung eines bestimmten Personenkreises – hin zu der Vorstellung, dass man Teil einer Einheit ist, bewerkstelligt wird.

Der Corporate Identity haftet oft noch der Ruf einer Chimäre an, die, gesteuert von der Marketingabteilung eines Unternehmens, hauptsächlich darauf bedacht ist die Individualität eines jeden Mitarbeiters zu brechen um dann in den „leeren Körper“ die speziell designte Unternehmenskultur „einzupflanzen“. So wurde anfangs die Corporate Fashion ebenfalls als Objektivierung von Marketingstrategieen angesehen, die sich völlig der „Top-Down-Idee“ verschrieben hatte. Die Arbeitskleidung wurde als Gefängnis angesehen, in welches jeder einzelne Arbeitnehmer eingesperrt wird; dadurch sämtliche Individualisierungsmöglichkeiten aus dem Weg räumen und das Individuum in der, durch vestimentäre Uniformität gekennzeichneten Masse der Arbeiterschaft untergeht.3 Dieses repressive Bild lässt sich nicht ganz aus dem Weg räumen, da eben durch die konstruierte Firmenidentität und die dazugehörige Firmenkleidung das Individuum zu einem Teil der Firma wird. Jedoch lässt sich das Bild entschärfen: So sind beispielsweise bei der Entwicklung der Corporate Fashion von Beginn an die Mitarbeiter beteiligt, denn diese sollen die Kleidung nachher tragen und sie sollen sie vor allem gerne tragen. Dazu muss sie verschiedenen Anforderungen gerecht werden, beispielsweise muss die Kleidung praktisch sein und den Träger bei seiner Arbeit nicht behindern, zudem sollte sie den aktuellen Trends angepasst werden, so dass die zukunftsorientierte und innovative Ausrichtung eines Unternehmens – und welches Unternehmens schreibt sich diese Schlagwörter nicht gern auf die Fahne – nicht nur an den Produkten, sondern auch an den Menschen sichtbar wird, welche diese Produkte herstellen. Die Entscheidung über Arbeitskleidung stellt dabei keine Einbahnstraße dar, in der die Unternehmensleitung das Aussehen festlegt und der Mitarbeiter sich diesen Vorgaben fügen muss. Denn nichts würde wohl den Zielen eines Unternehmens mehr widersprechen als ein Mitarbeiter, der wegen seiner nicht-zeitgemäßen Arbeitskleidung in seinem Umfeld schief angeschaut wird und zudem jeden Morgen mit Missmut seine Latzhose anzieht, bei welcher er bereits beim Start in den Arbeitstag weiß, bei welcher Bewegung der Stoff ihn an welcher Stelle Unannehmlichkeiten beschert. So ist Coporate Fashion einerseits als Instrument anzusehen, welches zu einer Corporate Identity beiträgt, deren Aufgabe darin besteht, eine heterogene Masse auf maßgeschneiderte Werte zu vereinen. Andererseits wird aber auch deutlich, dass die Belegschaft in nicht unbeträchtlichem Maße an der Erscheinungsform der Kleidung – und somit auch der Marke – beteiligt ist; was ein Stück weit den Schluss zulässt, dass der Weg zu einer erfolgreichen Corporate Identity hauptsächlich über zufriedene Mitarbeiter geht, die nicht zuletzt in modischer und praktischer Kleidung zur Arbeit gehen.

1Vgl. Regina Henkel: Corporate Fashion. Verordnete Uniformität im organisationalen Kontext. In: Mentges, Gabriele/Neuland-Kitzerow, Dagmar/Richard, Birgit (hg.) Uniformierung in Bewegung. Vestimentäre Praktiken zwischen Vereinheitlichung, Kostümierung und Maskerade. Münster 2007, S. 89-100, hier S. 90.

2Vgl. Wenke Husmann: Die Linienrichterin. In: Die Zeit vom 24.5.2006; http://www.zeit.de/2006/22/Fifa-Mode_xml (letzter Zugriff: 22.5.2016)

3Vgl. Henkel 2007, S. 90.