Funktionen der Unterhose in historischer Betrachtung

Im Lauf der Jahrhunderte werden der Unterhose mehrere funktionale Bedeutungen zugeschrieben. Dabei ist die uns bekannte Unterhose erst im 19. Jahrhundert bei Männern allgemein gebräuchlich, Frauen hingegen tragen damals noch (nur) Hemden in verschiedenen Variationen. Ab dem Ende des 18. Jahrhundert wird durch Militär, Krankenhäuser und Erziehungsanstalten die Verbreitung der Unterhose forciert; die offizielle Begründung ist der aufkommende Modebegriff der Hygiene – Schutz der (schwer zu waschenden) Kleidung vor Körperflüssigkeiten. Es wird in Fachkreisen diskutiert, seit wann die Männerunterhose zur einem allgemein verbreiteten Kleidungsstück avancierte. Erste Belege für eine vom Oberhemd getrennte Unterhose gibt es bereits sehr früh, allerdings sind diese mit Lammfell oder Leinen gefütterten Unterhosen eher als Schutz vor Kälte gedacht, denn als hygienischer Schutz, da sie jegliche Flüssigkeit aufsaugen und dadurch zu Hautreizungen führen und für unangenehme Gerüchen sorgen. Bereits 1783 gibt es eine erste Verbreitungswelle der Unterhose beim Militär. Die von einigen Ärzten begleitete Reformbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts, die die Lebensumstände der Bevölkerung verbessern soll, proklamiert das Tragen der Unterhose zum Schutz der Oberbekleidung und vor Kälte, und soll die Eigenschaft besitzen, leicht zu reinigen zu sein, um der Hygiene gerecht zu werden. Vor allem für Frauen soll das Tragen von Unterwäsche zu einer Entlastung der Hüften beitragen, um die Last der Unterröcke zu reduzieren. Dennoch wurde die Unterhose damals von Frauen nur selten getragen, aus Furcht vor gesellschaftlicher Ächtung.

Underwear1913 Die frühe Form der weiblichen Unterhose – eher eine Form des Hemdes

(http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4e/Underwear1913.JPG)

Tatsächlich dient die Unterhose nur offiziell der Hygiene, in erster Linie werden mit ihr neue Scham- und Peinlichkeitsgrenzen eingeführt und damit ein neues Druckmittel etabliert. Der Namenswandel des universalen Begriffs „Beinkleider“ zu den „Unaussprechlichen“ macht dies allzu deutlich. Sabine Gieske sieht den Anlass für die Einführung der Unterhose als Schambegrenzung im Bruch mit dem Bekannten in der Industrialisierung, da in dieser Zeit durch die politischen Ereignisse eine soziale Neuorientierung erforderlich wird. Der Geschlechterdiskurs verändert sich: Dem biologischen Geschlecht werden bestimmte Charaktereigenschaften von Mann und Frau zugeschrieben, der Körper wird genutzt, um diese Veränderungen aufzuzeigen und zu legitimieren. Vor allem die Entdeckung der Sexualität gilt als zu bannende Gefahr. Demnach erfüllt die Unterhose gleichzeitig die Markierung und Begrenzung des zu meidenden Schambereichs. Die Männerunterhose, welche den Frauen in der Einführung zeitlich voraus war, gewinnt laut Gieske in der Onaniedebatte des 18.Jahrhunderts stärkere Bedeutung, wie auch die Mädchenunterhose vor der Frauenunterhose eingeführt wurde, um die kindliche Sexualität zu unterdrücken.

Inzwischen ist die Unterhose Bestandteil eines jeden Kleiderschranks. Es ist Gang und Gäbe sie täglich zu wechseln. Unterhosen mit neuen medizinischen Funktionen kommen auf den Markt, beispielsweise Inkontinenzunterwäsche, besonders für die Frau hat sich die Unterhose aufgrund der monatlichen Menstruationshygiene als nützlich erwiesen.

Heute gelten laut Katharina Rutschky Bustier und Boxershorts als Instrumente der Selbstinszenierung, andererseits kann Unterwäsche in sozialen Beziehungen als beispielsweise Geschenk von Müttern oder Freundinnen auch der Machtaushandlung dienen oder der Markierung von Besitzansprüchen.  Wobei erwähnt werden sollte, das zwar Männer ihre Freundinnen, aber nie Väter ihre Töchter mit Unterwäsche beschenken.

Fotothek_df_roe-neg_0006350_030_Besucher_vor_einer_Vitrine_mit_Damenunterwäsche Präsentation von Unterwäsche für Frauen

(Fotothek_df_roe-neg_0006350_030_Besucher_vor_einer_Vitrine_mit_Damenunterwäsche)