Macht macht sexy – aber macht sexy auch mächtig?

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Men’s Health, 2014

Als ich auf der Suche nach Werbungen für Männerunterwäsche in einer Men’s Health blätterte, blieb ich bei einer Fotostrecke hängen und konnte es nicht glauben: So viel Klischee auf einmal!

Ein Mann in elegantem Anzug steht auf einem Balkon und blickt auf eine – mit Kappe, Schmuck, Schuhen und Panties doch leicht bekleidete – Frau zu seinen Füßen. Ich blättere weiter und nochmal: Angezogener Mann schaut fast nackter Frau hinterher.

Leicht „bekleidete“ Frauen, die zum Vergnügen der Männer durch die Gegend spazieren?

Auf den ersten Blick scheinen die Rollen hier klar verteilt. Der Mann steht wortwörtlich über der Frau und schaut auf sie herab, sie dagegen zu ihm hinauf. Auffällig ist auch auf beiden Bildern der Kontrast, der durch die Bekleidung der Models geschaffen wird. Die Männer sind vollständig bekleidet, zusätzlich suggeriert der Business-Stil Macht. Die beiden Frauen sind dagegen nur mit Schuhen und Slips, die jedoch durch einen hohen Bund sehr edel wirken, bekleidet. Die Gegenüberstellung von Oberbekleidung und Unterwäsche bewirken hier ein starkes Machtgefälle.

Wird die Frau hier einmal mehr zum Sexobjekt degradiert, oder steckt doch mehr dahinter?

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Men’s Health, 2014

Um herauszufinden, wie diese Bilder auf andere wirken, zeige ich sie zuerst kommentarlos einigen Bekannten.

Krass. Dass sowas heute überhaupt noch geht?“

Ja wow, die Frau ist ja ziemlich unterwürfig.“

Auf den ersten Blick sind sich alle einig: Diese Darstellung ist durchaus etwas sexistisch. Als ich mich nun mit meinen Befragten – hauptsächlich Frauen – noch etwas länger über die Bilder unterhalte, kommt meist noch ein anderer Aspekt zur Sprache. So eindeutig die Rollenverteilung zunächst auch scheinen mag, wirklich eingeschüchtert wirken die Frauen nicht.

Die provoziert es ja auch. So wie die da liegt.“ Einer meiner Gesprächspartner bringt es auf den Punkt: „Eigentlich ist doch hier eher die Frau dominant. Die hat den voll im Griff.“ Und auch eine weitere Befragte kommt zu dem Schluss: „Er frisst ihr doch aus der Hand.“

Hat hier also eigentlich die Frau die Kontrolle über die Situation? Durch die Zurschaustellung ihrer Reize wird sie zur Verführerin und hat Macht über den scheinbar dominanten Mann. Der Unterwäsche kommen hier dementsprechend zwei wichtige Funktionen zu. Obwohl sie einerseits Intimität und damit auch ein Stück weit Verletzlichkeit symbolisiert, ist sie den Frauen auf den Bildern auch Mittel zur Verführung und damit zur Macht.

Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kommen wir im Beitrag „Von der Hausfrau zum Vamp? – Unterwäschewerbung im Wandel der Zeit“. Hier stoßen wir auf eine Werbung für Frauenunterwäsche von Triumph, die durch ihren provokativen Slogan die Stärke der verführerischen Frau in den Vordergrund stellt.

 Es scheint also nicht nur um die Erfüllung von Männerfantasien zu gehen. In allen hier gezeigten Fällen wird das Bild einer selbstbewussten, aufreizenden und damit starken Frau gezeichnet.

Zweimal hinzuschauen lohnt sich, auch wenn einem zuallererst der Gedanke „Nein. Sexistisch.“ in den Kopf kommt. Ob nun Verführung als Mittel zum Erfolg der beste Weg ist, sei natürlich dahingestellt…

Bilder: Fotografische Kopien.