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FASHION DEPARTMENT ANTWERP, SHOW 2017

Jedes Jahr im Juni findet eine Show des Fashion Departments Antwerp statt, wo alle aktuellen Semester der verschiedenen Jahrgänge die Arbeiten des vergangenen Jahres präsentieren. In Antwerpen ist das ein zweitägiges, sehr bekanntes Event, zu dem die ganze Stadt und viele Besucher aus dem Ausland anreisen, um teilzuhaben.

Dieses Jahr fand die Show in einem alten backsteinernen Fabrikgebäude im Park Noord statt. Zahlreiche Besucher drängten sich an die vier Eingänge.

Die riesige Fläche des Raumes wurde durch eine Diagonale geteilt, die den Laufsteg bildete.

An beiden Seiten konnte man dreireihig sitzen, dahinter waren Podeste für Stehplätze angebracht. Am Ende des Laufsteges waren Fotografen, Kamera- und Fernsehteams positioniert.

An dieser Stelle ging der Laufsteg in einer aufsteigenden Kurve auf einem Gerüst wieder nach hinten und orthogonal über den unteren Laufsteg.

Oben waren die Sitzplätze so wie unten angeordnet.                                                                            Die Show begann und ein Semester nach dem anderen präsentierte seine Werke.

Vor der Pause wurden die Bachelor-Kollektionen gezeigt, nach der Pause die Master-Kollektionen.

 

Das erste Semester zeigte extravagante Nesselmodelle,

das zweite Semester präsentierte ihr Oberteil + Rock-Projekt.

Im dritten Semester wurden antike Kostüme gezeigt.

Das vierte Semester zeigte eine kleine Kollektion und danach wurden die

Bachelor- Kollektionen des dritten Jahres präsentiert.

Es wurden unterschiedlichste Entwürfe, Silhouetten und Materialien verwendet, und doch verband die meisten, der Reichtum an Details, Farben und Muster.

Die sehr aufwendigen, zahlreichen Masterkollektionen wurden nach der Pause präsentiert.

Um einen Einblick in die Konzeptideen zu bekommen gehe ich hier auf zwei Kollektionen ein:

LUKÁŠ SPLIKA   „MARS“

Ihm gefällt die Idee des Space X Projekts, denn er würde am liebsten am Mars leben und fände es lustig, würde ein regulärer Reiseverkehr dorthin existieren. Wäre das die Realität, würden die Menschen anfangs in Space-Anzügen dorthin reisen, aber später hätte das großen Einfluss auf die Modewelt.

Das war sein Grundkonzept und er designte eine Kollektion für drei Frauen, die auf dem Mars Motorrad fahren.

Trotz des Themas wollte er keine Sience-Fiction – sondern eine ready to wear Kollektion gestalten.

Für die Umsetzung verwendete er dünnes Seil, von dem er 15 km bestellte, inspiriert von Space-Anzügen und Motorradhosen.

Er entwickelte eine interessante Stricktechnik, die er mit Sicherheitsnadeln kombinierte. Von den Sicherheitsnadeln bestellte er 10.000 Stück.

 

 

KEN BOONSONG THAODEE „ROSE GARDEN – CAR PARK“

 

Er startete mit der Phrase „Auf jeden Fall!“

Er begann über den Wert der Kleidungsstücke nachzudenken: Die Dinge, die in der Uni gemacht werden, brauchen viel Zeit, kosten viel Geld, erfordern viel Arbeit und sie enden in einem Schrank zu Hause, nur für einen kurzen Zeitraum misst man diesen Kleidungsstücken einen bestimmten Wert zu.

Er spielte mit dem Gedanken, wie es wäre, wenn Mode noch weniger dauerhaft sein würde.

Um das umzusetzen und zu erforschen, verwendete er kurzlebige Materialien wie Karton und Pappe, da sich die Form schnell verändert und das Material relativ zeitnah zerfällt.

Zudem fragte er sich, ob man der Kleidung denselben Wert beimessen könne, obwohl sie aus einem billigeren Material gemacht wurde?

Am Beginn einer Kollektion geht er immer von einem Gefühl aus, um sich erst dann Bilder zu suchen, die dieses verstärken.

Der Kontrast zwischen arm und reich spielt in dieser Kollektion eine große Rolle. Er wollte dem Vorurteil entgegenstehen, davon auszugehen, dass wenn man mit teureren Stoffen arbeitet, automatisch ein schöneres Ergebnis erzielt.

Er verwendete Pappe die er in seiner Umgebung gefunden hat und kombinierte diese mit teurer Seide.

Die Show war auch in diesem Jahr wieder überaus interessant und für jeden Modeliebhaber ein heißer Tipp!

Bilder: privat.

The Royal Academy of fine Arts, ist eine der ältesten Kunstuniversitäten ihrer Art in Europa  – sie wurde welche bereits 1663 gegründet.

1963 wurde ein Modekurs eingeführt, der zwar vom Beginn an erfolgreich war, jedoch in weiterer Folge erst in den frühen 1980ern durch „the Antwerp Six“ weltberühmt wurde.

Mittlerweile sind diese sechs Designer, die gemeinsam in Antwerpen studierten, eine Legende. Sie entwickelten jeweils einen individuellen Stil im Modedesign; was sie verband, war ihre Sicht der Mode , die sich gegen den Kommerz stellte.

Dirk Bikkenbembergs,

Walter van Beirendonk,

Mariana Yee,

Dries van Noten,

Dirk Van Saene,

Ann Demeulemeester + Martin Margiela

DIRK BIKKEMBERGS hat sich auf Fußball und Sportbekleidung fokussiert und war der erste Designer, der eine Fashionshow in einem Fußballstadion veranstaltete.

Er spezialisierte sich mit seinem Team auf die technologische Entwicklung der Faserverarbeitung in diesem Bereich.

WALTER VAN BEIRENDONK ist heute der Kopf des Fashion Departments Antwerp, er leitet die Modeabteilung und unterrichtet im Bachelor-Abschlussjahr.

Nebenbei ist er als Designer mit seinem eigenen Label tätig. Seine Kollektionen sind inspiriert von visueller Kunst, Literatur und Natur sowie von ethnischen Einflüssen geprägt. Eine Mischung aus Prints und ungewöhnliche Farbkombinationen charakterisieren seine Arbeiten.

MARIANA YEE gründete ihre eigene kommerzielle Marke „Marie“.

Nach einigen Jahren fühlte sie sich durch die Anforderungen, die diese Branche mit sich bringt, beengt und brachte eine Designer Kollektion heraus. Sie arbeitete dann mit dem Label „Lena Lena“ zusammen sowie mit ihrem     Antwerp-Six Kollegen Dirk Bikkembergs.

 

DRIES VAN NOTEN ist ebenfalls ein weltbekannter Modedesigner. Er wurde in eine Schneiderfamilie geboren. Seine exzentrische Mode fiel vor allem in den 1990ern besonders auf, wo sonst der Minimalismus verbreitet war.

Seine Mode wird zum Teil mit höchst aufwendiger Technik hergestellt. Um Gewebe zu färben bzw. zu bedrucken wird u.a. mit Kettdruck gearbeitet.Handarbeit wie Stickereien, angenähte Pailletten gehören zu den Designs.Trotzdem macht das Label keine Haute Couture sondern Mode ready to wear..

 

DIRK VAN SAENE startete seine Kariere mit dem Shop „Beauties and Heroes“ in Antwerpen. Van Saene pflegt ein kleines Unternehmen mit kleiner Produktion.

Neben der Mode malt er und stellt Keramiken aus. Er verknüpft die Disziplinen, indem er seine Malereien auf Tücher druckt und diese bei Ausstellungen auf Keramikköpfen platziert.

 

ANN DEMEULEMEESTER hatte nach dem Abschluss sehr schnell Erfolg. Sie entwickelte eine geradlinige Formsprache und legt viel Wert auf Details, Schnitt, Verarbeitungstechniken sowie Materialien.

Sie nimmt jede Saison neue Einflüsse auf und fordert sich selbst immer wieder aufs Neue heraus.

 

MARTIN MARGIELA ist der Siebente von „the Antwerp six“, da er nicht im selben Jahr aber kurz nach ihnen studiert hat und ebenfalls zu den großen Avantgardisten zählt. Nach seinem Abschluss war er bei Jean Paul Gaultier Assistent, gründete 1988 sein eigenes Haus „Maison Margiela“ und war zeitgleich einige Jahre Chefdesigner im Damenmodehaus Hérmés, bis ihn dort Jean Paul Gautier ablöste.

Margiela gilt als Modernist und Dekonstruktivist. Er stellte die Elemente und Verarbeitungstechnik der Schneiderei in den Vordergrund, indem er die Innenverarbeitung als Designelemente nach außen kehrte. Er war einer der ersten der Materialien recycelte. Sein Markenzeichen wurden Hufen-ähnliche Schuhe.

2009 verkaufte er sein Unternehmen an Renzo Rosso.

Margiela war dafür bekannt, sich weder fotografieren zu lassen, Interviews zu geben, noch sich auf dem Laufsteg zu zeigen, um nicht die Aufmerksamkeit von der Mode abzulenken.

 

UMARMUNG- EIN MUSS & GLEICHZEITIG EIN NO GO

Das sich gegenseitige Berühren, der Körperkontakt, ist ein wesentlicher Teil der Körpersprache, die nicht weniger wichtig ist als die verbale Kommunikation.

Im Gegensatz zum reinen Informationsübermittler durch das gesprochene Wort ist die Körpersprache der Emotionsüberträger.

Es ist wichtig beide Kommunikationsebenen richtig zu verstehen, denn Emotionen werden oftmals nicht in Worte gefasst, bleiben unausgesprochen und werden alleine durch Mimik und die Körpersprache wirksam. Sollte das Ausgesprochene nicht mit den intuitiven Signalen des Körpers übereinstimmen, kann es zur Irritation des Gegenübers kommen. Weiterlesen

MILCH ZUM ANZIEHEN

„Seidenweich und seidenleicht“, „warm wie Wolle“, „Leinen kühlt“, „Pelz ist schwer, weich und wärmend“, „Leder glatt und stabil“, „Baumwolle leicht und praktisch“ etc.

All’ diese Materialien charakterisieren eine Eigenschaft, manchmal auch mehrere gleichzeitig, deren Haptik für die meisten Menschen nachzuempfinden ist, ohne das Material dafür physisch berühren zu müssen.
Es sind gängige Materialien, die uns nicht nur in der Bekleidungsindustrie sondern in vielen anderen Bereichen des Lebens unterkommen, sei es der Lederbürostuhl oder die Baumwollbettwäsche. Die haptische Erfahrung können wir in unserer Vorstellung abrufen, oft tun wir das unbewusst und greifen beim Kauf neuer Kleidung automatisch und beeinflusst vom aktuellen Klima zu einem Material, welches guten Tragekomfort verspricht. Denn es spielt eine große Rolle woraus unsere „zweite Haut“ besteht.

Fischleder, Papier aus Tomaten oder gar Fasern aus Milch?
Es scheint eine beinahe absurde Idee zu sein, aus Lebensmitteln, wie beispielsweise Milch, Fasern zu spinnen. Offensichtlich ist sie nicht ganz neu, denn auf dem Markt existieren bereits Textilien, die aus dem Grundstoff Milch gefertigt sind.

Schon in den 1930er-Jahren wurde Milchprotein (Kasein) zu Fasern verarbeitet, damals allerdings noch mit dem hautunverträglichen Zusatz Formaldehyd, der den Stoff stabilisierte.
Aufgrund der für den Menschen giftigen Wirkung von Formaldehyd ist es heute als Zusatzstoff in der Textilproduktion verboten.

Anke Domaske arbeitet seit Jahren mit ihrem kleinen Unternehmen an der Weiterentwicklung der Milchfaser. In ihrer Fabrik in Bremen produziert sie eine Faser, die leicht fließend wie Seide ist, und gleichzeitig wärme- und feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften wie Baumwolle aufweist.
Für die Produktion wird ausschließlich Milch, die nicht mehr für die Lebensmittelversorgung geeignet ist, verwendet.
(Abgelaufene Milch, oder durch Keime verunreinigte Milch, wenn z.B. die Kühlkette unterbrochen war…)

Die Grundmasse für die Faserproduktion besteht aus Eiweißpulver und Wasser, die mit noch einigen weiteren Zutaten verknetet, auf 80°C erhitzt, und durch eine Siebplatte gedrückt wird.
Dabei entstehen farblose Fasern, die dünner als ein Haar sind, zudem strapazierfähig, antibakteriell, antiallergen und ökologisch nachhaltig produziert.

Die Trageigenschaft des Materials erinnert an Seide – eine glatte dünne Oberfläche, die sich weich an die Haut schmiegt.
Die Faser wirkt durch die antibakterielle Wirkung mildernd auf Hautirritationen und unterstützt Menschen mit Neurodermitis dabei, durch das Tragen von Bekleidung aus dieser Art gefertigter Textilien, den gesundheitlichen Zustand vorteilhaft zu beeinflussen.

Die Frage stellt sich natürlich, warum das alles?
Abgesehen von der guten Hautverträglichkeit ist Milchfaser eine Alternative die große Nachfrage der Kleidungsproduktion zu decken.
Baumwolle wird langfristig den steigenden Bedarf nicht nachkommen können. Der derzeitige Hauptproduzent von Baumwolle ist Indien, gefolgt von China, den USA, Pakistan und Brasilien.

Der Anteil der Chemiefasern, die in der gesamten Textilindustrie produziert werden, liegt bei 70% und wird aus Rohöl gewonnen. Aber auch die Rohöl-Ressourcen werden bekanntlich in absehbarer Zeit zur Neige gehen.

Aber auch bzgl. der Milchfaserproduktion stellt sich die Frage, wie viel davon in unseren Breiten produziert werden kann. In Deutschland werden pro Jahr mindestens 2 Mio. Tonnen Milch vernichtet, die sinnvoll für diesen Zweck verwendet werden könnten.
Zurzeit ist Milchfaser ein Luxusprodukt, zwar wesentlich günstiger als Seide, doch deutlich teurer als Baumwolle oder Viskose.
Der Kilopreis liegt bei 25 Euro, während er bei Baumwolle im Schnitt bei 2-3 Euro liegt.

Auf ein ähnlich interessantes Produkt gründet sich das Unternehmen „Atlantic Leather“ in der kleinen Stadt Sauðárkrókur in Island.
Es produziert aus Fischereiabfällen von vier verschiedenen Fischen – Lachs, Barsch, Katfisch und Kabeljau – Fischleder. Jeder Fisch hat seinen eigenen Charakter in Textur und Farbigkeit.
Das Leder ist dünn und glatt und die Entwicklung des Materials ist mittlerweile soweit vorangeschritten, dass das Lachsfischleder sogar bei 60°C gut waschbar ist.

Diese zukunftsweisenden Forschungen versprechen, uns mit dem haptischen Gefühl von Milchfaser, Fischleder und anderer alternativen Materialien in Zukunft genauso vertraut werden zu lassen, wie wir es heute selbstverständlich mit Wolle, Seide oder Leinen sind.