Archiv des Autors: Bo_Ju

Herren mit hohen Hacken

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Vom „kleinen Mann“ (http://blog.kulturding.de/?p=3927) ist es nicht weit zu der Idee, Männern Schuhe mit hohen Absätzen schmackhaft zu machen. Die meisten Menschen dürften bei Männern in Highheels an Travestie oder Karneval denken. Konfrontiert mit der Frage, ob sie selber Pumps tragen würden, lehnen die meisten ab – warum eigentlich?

Ein Mann mit Schuhen in „hohen“ Absätzen passt nicht zum Bild des westlichen heterosexuellen Mannes, so die Annahme. Änne Söll1 untersuchte im Jahr 2000 gezielt Männermodefotografien und ging im wesentlichen auf zwei Männlichkeitsmodelle ein: Der Mann im Anzug und der Mann in Jeans. Beide Outfits, so Söll, unterstreichen die Männlichkeit. Einerseits durch das Bild des erfolgreichen Managers bzw. des ambitionierten Angestellten, andererseits durch das Bild des freiheitsliebenden Individualisten.

Ein großer Online-Schuhversand bietet immerhin Highheels in Übergrößen an, ein anderer Highheels, Stiefel und Strumpfhosen auch für Männer bis zur Größe 46. Unter dem Button über uns liest man, dass der Versand von einem heterosexuellen Paar initiiert wurde. Beide verbindet die Liebe zu Highheels. Neben dem Versand von Highheels gibt es auch einen Blog, in dem Männer über ihre Vorliebe für hohe Schuhe schreiben. Interessant sind hier vor allem drei Bilder von einem Mann mit hohen Absätzen, die unter folgendem Link aufgerufen werden können:

https://www.high-feelings.de/blog/maenner-in-pumps-high-heels-fuer-maenner-und-koenige

Betrachtet man die Bilder, denkt man keineswegs an Karneval oder Travestie. Man sieht einen Mann, der lässig posiert. Zudem trägt er Jeans, die von Söll als Männlichkeitsmerkmal identifiziert wurde, und ihre Wurzeln in der Arbeiter- und Cowboykultur hat. Der Mann auf den Bildern scheint mit seinen Absätzen einen individuellen Freizeit- und Arbeitslook gefunden zu haben, der anders als Jeans, die schon lange auch von Frauen und vom Rest der Welt getragen werden, wirklich individuell ist.

Schuhe mit Absätzen strecken den Körper, lassen die Figur anmutig und grazil wirken, der Gang strahlt Sinnlichkeit, aus und nicht zuletzt wird dem/der TrägerIn ein Hochgefühl vermittelt. Wir können uns ohne allzu viel Phantasie vorstellen, dass es auch männliche Liebhaber für hohe Schuhe und die damit verbundenen Eigenschaften gibt, nur treten diese äußerst selten in Erscheinung. Ein Mann aus dem angeführten Blog schreibt, für das Tragen von Highheels brauche es gesundes Selbstvertrauen und etwas Übung.

Dass weibliche Modeaccessoires in die Männerwelt Einzug halten, ist nicht neu. Männer verwenden Beautyprodukte und schmücken sich, David Beckham hat es vorgemacht. Söll spricht von Metro-Sexualität2 und postuliert ein neues, an homosexuellen Männern und heterosexuellen Frauen orientiertes Rollenbild des heterosexuellen Großstadtmannes.

Betrachtet man dieses Phänomen und die Tatsache, dass Mode, wie Lehnert schreibt,3 nie einzuholen ist, weil sie stets „Neues“ kreieren muss, um sich von anderem abzusetzen, dann scheint es nicht mehr ganz ausgeschlossen, dass Schuhe mit Absätzen in der Modewelt der Herren Einzug halten. Vielleicht muss es ein Star vormachen, denn Stars prägen neben Modehäusern noch immer unser Körper- und Erscheinungsbild.

Würde sich ein Trend durchsetzen, durch den das Tragen hoher Schuhe für Herren Usus würde, wäre das nicht mal eine neue Modeschöpfung, sondern vielmehr ein barocker Retro-Trend. Von Ludwig XVI. weiß man, dass er im 18. Jahrhundert schon Schuhe mit knapp 10 cm hohen Absätzen trug, damals ein Adelsprivileg. Heute steht diese Möglichkeit jedem offen. Mutige Männer sind gefragt.

1Söll, Änne: Metro-sexuell? Stadtraum und männliche Körper in der Männermodefotografie um 2000. In: Lehnert, Gertrud (Hg.): Räume der Mode. München 2012. S. 155.

2Söll 2012: S. 165.

3Lehnert, Gertud: Mode als kulturelle Praxis. In: Lehnert, Gertrud (Hg.): Mode, Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis. Bielfeld 2015. S 35.

Der kleine Mann

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Zu dick, zu dünn, zu kurz, zu lang – das Körperbild eines Menschen wird in unserer Gesellschaft regelmäßig taxiert und entlang unsichtbarer Normen beurteilt. Während man den Körperumfang durch Ernährung und eiserne Disziplin in der Regel beeinflussen kann, lässt sich an der Größe wenig ändern. Dies trifft vor allem den „kleinen Mann“, der mit Spott und Schadenfreude zu tun bekommt aufgrund eines nicht beeinflussbaren Merkmals.

Ein Dating-Portal im Netz hat eine Umfrage publiziert, in der es heißt, dass Frauen Männer um die 1,80 m anziehend finden, kleine Männer (1,70 m und kleiner) aber eher unattraktiv. Im Forum dieser Partnervermittlung zu dem Thema melden sich hauptsächlich Frauen zu Wort. Der allgemeine Tenor lautet: Klein-sein als Mann ist ein Defizit.

Einträge in Foren unter dem Deckmantel der Anonymität sind natürlich alles andere als repräsentativ, dennoch verweisen sie auf einen Diskurs, der suggerieren möchte: Wenn du als Mann klein bist, überträgt sich das auf deinen Charakter, schau, dass du dieses Manko kompensierst. Die diskriminierende Absicht macht hier keinerlei Anstalten, sich zu verbergen, und von Diskriminierung muss tatsächlich gesprochen werden, weil die Körpergröße, mehr noch als die Hautfarbe oder die Tatsache, Frau zu sein, ein unveränderliches Merkmal darstellt. Aber nicht nur auf Partnerbörsen wird Maß genommen, auch staatliche Einrichtungen wie Polizei und Militär schließen Männer mit bestimmten Körpergrößen aus.

Der Psychologe Alfred Adler prägte auf den kleinen Mann bezogen den Ausdruck Napoleon-Komplex, der sich auf das Verhalten eines Menschen bezieht, welcher seine kleine Körpergröße durch sichtbaren Erfolg und Statussymbole zu kompensieren versucht. Napoleon, der siegreiche Feldherr, Franzosenkaiser und ewige Plagegeist etlicher europäischer Länder, maß 1,68 m, eine Körpergröße, die damals sogar leicht über dem Durchschnitt lag. Aus heutiger Sicht gilt er als klein. Mit der Körpergröße verändert sich die gesellschaftliche Norm und deren Werturteil.

Belegt ist, dass sich die Körpergröße im Laufe der Zeit verändert, für die Bundesrepublik ermitteln dies die Hohenstein Institute1 anhand von Reihenmessungen. Die letzte wurde zwischen 2007 und 2008 durchgeführt und hat ergeben, dass sich die Körperproportionen der Bundesbürger innerhalb eines Jahrzehnts deutlich verändert haben. Frauen sind im Durchschnitt 1,0 cm größer geworden, Männer 3,2 cm.2 Die Reihenmessung wird durch die Automobil- und Kleidungsindustrie finanziell unterstützt, denn anhand dieser Werte wird die sog. Hohensteiner Maßtabelle angefertigt, die die Konfektionsgrößen festlegt.

Wenn es darum geht, die Größe mit Hilfe der Mode zu optimieren, sind kleine Männer weiterhin im Nachteil. Für kleine Frauen gibt es im Netz zahlreiche Styling-Tips. Kleide dich Ton in Ton. Trage kurze Röcke. Hosen und Röcke sollten grundsätzlich hoch geschnitten sein. Trage Schuhe mit Absätzen. Vermeide Ketten mit großen Anhängern. Hinzu kommt, dass kleine Körpermaße bei Frauen selten problematisch sind (eher große). Der tatsächlich geforderten Körpergröße lässt sich durch solche Tricks und mit Hilfe der Mode nicht so recht beikommen.

Nicolas Sarkozy und Tom Cruise tragen, so munkelt man, Spezialschuhe, die 5-10 cm strecken. Kürzlich trug der republikanische US-Politiker Marco Rubio (1,78) Cowboystiefel mit 5 cm Absätzen, umgehend wurde er von Donald Trump (1,88 m) bezichtigt, Minderwertigkeitskomplexe aufgrund seiner Größe zu haben.

Die Mode ist für den kleinen Mann also nicht wirklich hilfreich beim Versuch der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen. Hier treffen gleich zwei Hindernisse aufeinander, die Körpernorm, die sich nicht einhalten lässt, und eine relativ starre Kleidernorm, die z.B. nicht zulässt, dass kleine Männer offen hohe Absätze tragen. Laut der oben genannten Dating-Plattform bleibt dem kleinen Mann nur eine Möglichkeit, will er in der Gesellschaft bestehen: Er muss durch Charaktereigenschaften und Status punkten.

1http://www.hohenstein.de/de/home/home.xhtml

2http://hohenstein.de/media/veroeffentlichungen/Size_GERMANY.pdf

Kulturding Schreibwerkzeug – Von der Kulturhandlung zur Alltagskultur

Der Stift als Schreibwerkzeug ist uns heute so vertraut, dass er zum kaum noch wahrgenommenen Teil unserer Alltagskultur geworden ist. Er ist so gewöhnlich, dass man ihn in die Hand nimmt, damit herum spielt und ihn wieder weglegt, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Beim Telefonieren kritzeln wir abwesend damit herum und Handwerker klemmen sich den Stift hinters Ohr, um die Hände für andere Dinge frei zu haben. Wir bekommen Stifte als Werbegeschenke, manchmal als Multifunktionstool mit Taschenlampe versehen, und haben fast immer ein Exemplar in der Tasche. Und wenn nicht, so ist es in unserer westlichen Gesellschaft ebenso geläufig, eine fremde Person um einen Stift zu bitten, wie nach der Uhrzeit zu fragen.

Das Schreiben geht uns heute meist leicht von der Hand, das dazu gehörige Utensil hat eine lange Entwicklung erfahren. Die Assyrer ritzten ihre Keilschrift in Tontafeln, die Ägypter schrieben mit Tinte auf Pergament, die Römer nutzten Pergament und Wachstafeln. Erst im späten Mittelalter wird das teure Pergament dann durch Papier ersetzt und der Gänsekiel wird als Schreibgerät entdeckt. Bereits im späten Mittelalter musste der Federkiel gut in der Hand liegen, die Herkunftsposition im Federputz der Gans war entscheidend: Die besten Schreibfedern kamen aus dem linken Flügel der äußersten Schwungfedern, die der zweiten und dritten Position wurde auf Grund ihrer Dicke geschätzt. Federn, die von selbst ausfielen, hielt man für besser geeignet, als gerupfte. (1)

Seit dem 19. Jahrhundert wird der Bleistift industriell und in großer Stückzahl gefertigt. Eine andere wichtige Entwicklung im selben Jahrhundert war die Erfindung der Stahlfeder; der Kugelschreiber erhält dann Mitte des 20. Jahrhunderts Einzug in unsere Schreibkultur. Es gibt ihn heute noch und irgendwie haftet ihm etwas „Billiges“ an, er hat den Ruf, die Handschrift zu verderben und er schreibt immer nur in einer Breite. Für ihn sprechen jedoch sein günstiger Preis und die leichte Handhabung.

Das Schreiben ist über die Jahrhunderte von einem Handwerk, das nur wenigen vorbehalten war, zu etwas Alltäglichem geworden, zu einer gewöhnlichen Sache, deren haptische Merkmale wir kaum noch wahrnehmen. Durch das feinmotorische Zusammenspiel von Hand und Stift werden unsere Gedanken angeregt. Durch Hand- und Fingerbewegungen erfahren wir Ausdehnung, Gestalt, Oberflächenbeschaffenheit, Temperatur und Funktion der Gegenstände im Raum. Als Allegorie des Tastsinns wird u.a. die Spinne verwendet. Sie steht für vorsichtiges Tasten und feinmotorisches Geschick. (2)  Wir sind es gewohnt, mit der Hand Werkzeuge herzustellen und zu gebrauchen, um uns die Alltagswelt zu erschließen. Eines dieser Werkzeuge ist der Stift, der zum Schreiben dient und zu einem ungeheuren kulturellen Aufschwung führte. In der Anthropologie werden Kulturen mit und ohne Schriftzeugnisse unterschieden.

Trotz Anstrengungen der Produktgestalter und Designer, die technisch ausgereiften Schreibwerkzeuge durch optische sowie haptische Variationen und ausgefeilte Werbebotschaften im Kampf um Marktanteile attraktiv zu machen, zeichnet sich bereits eine neue Tendenz ab, von der befürchtet wird, dass sie die Handschrift allmählich verdrängen könnte. Es ist der Vormarsch der Computer und Touchscreens mit Hilfe derer wir unkompliziert und noch schneller Texte eingeben und bearbeiten können. Ein Wandel, der auch schon wieder in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist und zu unserer Alltagskultur gehört. Ich glaube, die Handschrift wird sich dennoch eine Weile halten können, vielleicht wird das Schreiben mit der Hand eine Liebhaberei, genau wie das Lesen von gebundenen Büchern aus Papier. Für unsere Hände bietet das „alte Schreibmaterial“ jedenfalls spannendere Oberflächen als ein glatter, ebenmäßiger Touchscreen.

1         Vgl. Norbert Kortz, Aagje Ricklefs: Von der Veralltäglichung der Schreibgeräte, Mit Federmesser, Sprender und Schleifstein: Zum Umfeld des „Gensskil“. In: Populäre Schreibkultur, Texte und                         Analysen, hg. von Hermann Bausinger et al., Tübingen 1987. S. 200 f.

2         Vgl. Benthien, Claudia: Haut Literaturgeschichte – Körperbilder – Grenzdiskurse, Hamburg 2001. S. 222 ff.

Von Stiften, die der Hand schmeicheln

Der Stift als Gegenstand unserer Alltagskultur ist heute nicht mehr nur in speziellen Schreibwarengeschäften zu erhalten, sondern auch in Supermärkten, an Tankstellen, am Kiosk und sogar Drogeriemärkte wie Müller haben eine eigene Abteilung für Schreibwaren. Es gibt Schreibblöcke auf denen man testen kann, wie der Stift schreibt und natürlich, wie er in der Hand liegt.

Hält man einen Stift in der Hand, wird er in der Regel an vier Stellen berührt: Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger umschließen die längliche Form des Stiftes, der zusätzlich an der oberen weichen Verbindung zwischen Zeigefinger und Daumen aufliegt und abgestützt wird. Diese Haltung ermöglicht eine faszinierende feinmotorische Handhabung des Schreibgeräts. Für den perfekten Griff sorgen heute die unterschiedlichsten Materialien und Formen. Begriffe aus der Materialwissenschaft verdeutlichen, mit was wir es beim Schreiben in unserer Hand zu tun haben: Der heutige Stift hat Risse, Riefen, Einschläge, Poren, Grade, Dellen, Schuppen, Buckel, Aufreißer, Erosionen und Grübchen.

Der Blick in mein Federmäppchen, Ausflüge in Schreibwarengeschäfte und Internetauftritte einschlägiger Hersteller haben mich gelehrt, einen neuen Blick auf diesen alltäglichen Gebrauchsgegenstand zu werfen und die Raffinesse dieses Produkts hinsichtlich der führenden Hand genauer unter die Lupe zu nehmen. Fünf Stiftpaare habe ich ausprobiert und untersucht:

1. Zwei Federn aus Metall
Anhand von Federhalter und Füller kann man die Weiterentwicklung von einer runden Form, die sich nach hinten hin verjüngt, hin zu einer geraden Form, die an der Griffstelle der Finger eine eckige Form annimmt, erkennen. Der Federhalter ist tintenverschmiert, während der Füller durch besagte Form einen Rutschschutz und einen angenehmeren Halt bietet. Der Deckel des Füllers ist mit einem Klipp versehen, so dass man den Stift immer griffbereit in der Hemdtasche verstauen kann.

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2. Ich fühle was, was du nicht siehst
Auf den ersten Blick offerieren diese beiden Bleistifte keine großen Unterschiede. Beide sind sechseckig und verhindern so das Runterrollen vom Tisch. Der Unterschied besteht im Härtegrad der Miene, angegeben mit HB. Folgenden Unterschied kann man allerdings nicht sehen, sondern nur ertasten: Der gelb-schwarze Stift ist mit einer dünnen Gummihaut überzogen und gibt so den nötigen „Grip“ beim Schreiben, während der orangene Stift zwar grell leuchtet, aber durch den Lack glatt und rutschig ist.

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3. Dick und aus der Tube
Meist gilt die Regel: Je dicker die Miene, desto dicker der Stift. Dies kann man bei den Textmarkern beobachten. Mit einem dickeren Stift lässt sich leichter eine gerade Linie ziehen. Der gelb fluoreszierende „Stabilo NEON“ hat die Form einer Tube. Der Anbieter wirbt mit dem „soft touch Effekt“ dieser Form, weil der Stift so in der Mitte nachgiebig ist. Das andere Modell „ Staedtler Textsurfer classic“ setzt auf statische Festigkeit und bietet einen sicheren Griff durch Rillen an der Zugriffstelle.

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4. Silikon gibt Form und Halt
Der dünnere „Slider Edge“ besitzt eine Dreieckform und lässt sich daher gut greifen. Er rollt besonders leicht auf der Schreibunterlage. An Griffstellen ist er großzügig gummiert, um auch hier das Rutschen der Hand zu verhindern. Der dickere „Breeze neon“ wird für Schüler empfohlen und ist durch Mulden für Rechts- und Linkshänder geeignet, für besseren Halt ist die Mulde zusätzlich mit Rillen versehen. Die ergonomische Form erinnert an den einst verwendeten Federkiel.

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5. Fuge und Noppe für Blei
Bei Blei- und Buntstiften eignen sich für ein gutes Gefühl in der Hand sowohl Einkerbungen als auch Noppen. Faber-Castell wirbt mit einer „Soft-Grip-Zone“, Lyra mit „rutschfesten Griffmulden“, die den „richtigen Griff von Anfang an“ bieten.

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Der aufmerksame Blick in das Schreibgeräte-Business legt nahe: Die relativ dünne, längliche Form des Stiftes hat sich für erwachsene Hände zum Schreiben ohne „Widerstände“ durchgesetzt. Stifte sind auf Eleganz, Tradition und Funktionalität ausgelegt. Stichworte der Anbieter sind hier: Perfektion, kein Raum für Fehler, leicht gleitendes Schreiben, wischfest.

Kinderhände sind mit dickeren Stiften, Kreide oder Blöckchen besser bedient. Sie dienen meist dem Malen oder bieten besseren Halt für ungeübte Hände. Stockmar, ein Hersteller von Wachsstiften, setzt gezielt auf die Schulung des sinnlichen Erlebens beim Malen. Die Stifte riechen nach Bienenwachs, machen beim Malen Geräusche, und der Stift klebt beim Absetzen leicht auf dem Papieruntergrund.

Als Nebeneffekt der kleinen Untersuchung lässt sich feststellen, dass die Marketing- und Vertriebsabteilungen der Hersteller von Schreibgeräten mit ihren verführerischen Werbebotschaften gezielt das junge Publikum ansprechen, um mit zweitrangigen Produkteigenschaften auf einem weitgehend gesättigten Markt neue Käuferschichten für sich zu gewinnen: „Das minimalistische Tubendesign im sexy Neon-Look ist bei modebewussten Girls besonders beliebt“.

Die Beschäftigung mit Staedtler, Stabilo, Schneider, Edding, Lamy, Faber-Castell und Co haben mitunter gezeigt, dass der Stift, als Werkzeug zum Schreiben, so wenig wie möglich in der Hand zu spüren sein soll. Er ist Hilfsmittel unserer Hände, aus denen bekanntlich keine Tinte fließt. Das Zurücktreten des Werkzeugs während des Gebrauchs gibt Aufschluss darüber, wie unsere Hände im Alltag „arbeiten“. Viele taktile Handlungen laufen automatisiert ab, ohne dass wir mit den Gedanken die Bewegungen der Hand groß kontrollieren müssten. Die Sinne des Menschen arbeiten zusammen und nehmen so die Umwelt wahr, andererseits ist jeder Sinn auch Meister seines Gebiets.